: Val McDermid
: Der Sinn des Todes Kriminalroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426444986
: Karen Pirie
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der dreißigste Kriminalroman der britischen Bestseller-Autorin: Val McDermid auf der Höhe ihrer Kunst! Ein betrunkener Siebzehnjähriger rast nachts mit einem gestohlenen Auto durch Dundee. Für seine drei Kumpels endet die Fahrt tödlich. Der Hooligan überlebt - im Koma, für immer schwer gezeichnet. Überraschend fördert ein Routine-DNA-Test eine Verbindung zu einem zwanzig Jahre zurückliegenden, ungelösten Mordfall zutage. Wie kann das sein? Detective Chief Inspector Karen Pirie von Police Scotland ist sehr erfolgreich darin, verzwickte alte Fälle aufzuklären. Doch schnell stellt sich heraus, dass der Fall mindestens so viele Windungen hat wie die DNA-Helix. Zeitgleich wird Karen in einen anderen, ähnlich weit zurückliegenden Fall verwickelt, in dem sie eigentlich gar nicht ermitteln dürfte. Aber ihr Sinn für Gerechtigkeit lässt ihr keine andere Wahl... 'Welche Superlative sind noch übrig, um das Phänomen der vielfach preisgekrönten Val McDermid zu beschreiben?' Daily Mail

Val McDermid ist eine internationale Nr. 1-Bestsellerautorin, deren Bücher in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre mehrfach preisgekrönten Thrillerserien und Einzelromane wurden für Fernsehen und Rundfunk adaptiert - etwa die Serie Hautnah - Die Methode Hill mit dem Profiler Dr. Tony Hill und DCI Carol Jordan. Die TV-Serie um die schottische Cold Case-Ermittlerin Karen Pirie ist international mit großem Erfolg gestartet. Val McDermid war 2017 Vorsitzende des Wellcome Book Prize und Jurorin für den Women's Prize for Fiction und den Man Booker Prize 2018. Sie ist Trägerin von sechs Ehrendoktorwürden, außerdem Honorary Fellow des St Hilda's College in Oxford. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der CWA Diamond Dagger für ihr Lebenswerk und der Theakstons Old Peculier Award für 'Outstanding Contribution to Crime Writing'. Val ist außerdem eine erfahrene Rundfunksprecherin und gefragte Kolumnistin und Kommentatorin in Printmedien. Mehr über die Autorin unter www.val-mcdermid.de

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Kinross war eine kleine Stadt, aber trotzdem so groß, dass es mehr als eine Art von Lokalen gab. In Hotelbars konnte man etwas essen und bekam die übliche Auswahl an Bier, Wein und hochprozentigeren Getränken. Es gab eine Kneipe, wo sich die Jüngeren bei lauter Musik und Cider mit Wodka trafen. In einem anderen Pub wiederum spielten die Gäste Poolbillard und Darts, schauten Fußball auf einem riesigen Fernseher und tranken dazu billiges No-name-Bier. Und dann war da noch, versteckt hinter der Kirkgate, Hazeldean’s, dessen holzgetäfelte Wände sich wohl seit den fünfziger Jahren nicht verändert hatten und dessen Stammgäste sich an das Angebot von diversen Sorten Craft-Bier und eine atemberaubende Vielfalt von Malzwhiskeys hielten. Nischen mit Polsterbänken säumten die Wände, und die Tischflächen waren aus getriebenem Kupfer. An der einen Seite des L-förmigen Tresens standen Barhocker, an der anderen lief eine Messingstange entlang, auf die die Gäste einen Fuß stellen konnten, während sie an der Theke standen. Es war ein Lokal, in dem jeder wusste, wo er hingehörte.

Gabriel Abbotts Stammplatz war auf dem Barhocker gleich neben der Ecke. Das Hazeldean’s war einer der Fixpunkte seiner Welt, ein verlässlicher Anker, wenn er das Gefühl hatte, sich in einer Krise zu befinden. Kannte man ihn nicht, dann mochte es so aussehen, als gebe es kaum etwas in Gabriels Leben, das diese Unsicherheit rechtfertigte. Schließlich hatte er keine Arbeit, wegen der er sich Gedanken machen musste. Er hatte eine gemütliche Wohnung und brauchte sich nicht um die Miete zu kümmern. In letzter Zeit hatte er immer wieder befürchtet, dass sich die Politik der Regierung negativ auf seine Sozialhilfezahlungen auswirken könnte; aber er fand, eigentlich könne niemand behaupten, es gehe ihm so gut, dass er arbeiten konnte.

Die gleichen Gründe, die ihn arbeitsunfähig machten, versetzten ihn in diese Unruhe. Wie sehr er sich auch bemühte, ruhig und normal zu wirken, wusste er doch, dass man ihn für versponnen und absonderlich hielt. Immer wieder ging seine Begeisterung mit ihm durch und ließ ihn ins Plappern und in Aufruhr geraten. Die Probleme fingen für Gabriel an, wenn seine Gedanken nicht von seinen Interessen beansprucht waren. Dann stieg die Paranoia in ihm hoch, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen, nahm ihm den Schlaf und drängte ihn in jene schreckliche angstvolle Enge zurück, dass er meinte, sein Kopf müsse vor übergroßer Sorge und vor Verschwörungsängsten platzen. Er fühlte sich wie ein Blatt Papier, das zerrissen und in alle Winde verstreut wird.

Es lief immer auf das Gleiche hinaus. Er würde sich wieder in ärztliche Behandlung begeben. Ein Bett im Krankenhaus. Medikamente. Die eine oder andere Art von Gesprächstherapie. Und das alles würde ihm helfen, sich wieder zu fangen. Er würde abermals auftauchen in der Welt da draußen, verletzlich, aber doch erkennbar er selbst. Bis zum nächsten Mal.

Er wusste, dass er nicht gefährlich aussah. Seine wilde schwarze Mähne und seine Garderobe, die er sich im Sozialkaufhaus holte, die Tweedjacken, Hemden und Stoffhosen – keine Jeans – verliehen ihm jenen leicht nachlässigen Stil, den man geistesabwesenden Wissenschaftlern zuschrieb. Wenn er am Loch Leven saß oder zu Fuß auf dem Uferpfad von seinem Cottage unterwegs in die Stadt war, begannen oft Unbekannte eine Unterhaltung mit ihm. Und schon nach ein paar Minuten wurde er redselig und gab sich einem der Lieblingsthemen hin, die ihn seit Jahren beschäftigten, Ideen, die ihm geholfen hatten, ein ganz außergewöhnliches Netz von Kontakten in einem Dutzend verschiedener Länder zu knüpfen. Er sah wohl den erschrockenen Gesichtsausdruck der nichtsahnenden fremden Gesprächspartner, wenn sie überlegten, wie einem Vortrag über die Widerstandsbewegungen in Myanmar oder die Innenpolitik Nordkoreas zu entkommen sei.

Aber im Hazeldean’s war man an ihn gewöhnt. Dort ging er an den meisten Abenden hin und brachte die zwei Meilen am See entlang bei jedem Wetter zu Fuß hinter sich. Er kam gewöhnlich gegen neun an und trank zwei Gläser des Spezialbiers der Woche. Mit Jock, dem Barmann, oder Lyn, der Schankkellnerin, wechselte er ein paar Worte übers Wetter. Wenn Gregor Mutch da war, redeten sie über Politik. Wenn Dougie Malone da war, schloss der sich ihnen an. Beide teilten seine Begeisterung für die Geschichte und Geopolitik Südostasiens, kannten ihn aber gut genug, dass sie ihn wissen