: Tessa Korber
: Das Leben ist mörderisch
: ars vivendi
: 9783869134000
: 1
: CHF 10.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 178
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In 'Kalten Betten' gelangen Frauen an ihre psychischen Grenzen. Manche morden deshalb mit gutem Grund 'Im Kreise meiner Lieben', und nur die Männer wundern sich.Die zehn Kriminalerzählungen handeln von Situationen, die viele Frauen kennen: Sie werden manipuliert, sie werden auf alltägliche Weise gedemütigt, werden betrogen und geschieden, werden ein Stück klüger. Und älter. Gemeinsam ist den Heldinnen aller Geschichten, dass sie auf dieselbe Weise reagieren, nämlich mörderisch. Voll schwarzen Humors erzählen die Texte, wie Frauen mit dem Frust des Daseins umgehen und wie sie zu ihren extremen Lösungen gelangen.

Tessa Korber, Jahrgang 1966, ist promovierte Germanistin. Sie hat zahlreiche historische Romane veröffentlicht und ist auch als Autorin der Kriminalromane um die Kommissarin Jeannette Dürer bekannt. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in der Nähe von Nürnberg.

 

Haben Sie Feuer?

Es ist ja nicht so, dass ich je behauptet hätte, schön zu sein. Ich bin die Erste, die zugibt, dass ich das nicht bin, wirklich nicht. Ich weiß es. Meine Mutter sagte zu mir, als ich vierzehn war: »Mädchen, schön bist du nicht, aber du kannst was aus dir machen.« Meine Mutter selbst war sehr schön, ich habe ein Foto von ihr in meiner Brieftasche, möchten Sie es sehen? Hier, das ist sie mit Anfang zwanzig, als sie meinen Vater kennenlernte. Toll, was? Ich habe mir ihre Worte zu Herzen genommen und mich bemüht, etwas aus mir zu machen. Mein Leben lang habe ich mich angestrengt. Heute denke ich manchmal, sie hat vielleicht einfach nur gemeint, ich sollte mich schminken und mal öfter zum Friseur gehen. Wirklich, der Gedanke verfolgt mich, dass es so einfach hätte sein können. Was meinen Sie?

Andererseits, Friseur war für mich immer vergebliche Liebesmüh, bei diesen Schnittlauchlocken. Und dann kam man da so aufgetakelt raus, die Haare aufgeplustert und wie geleckt. Ich bin dann im Gehen so lange mit den Fingern durchgefahren, bis sie wieder glatt anlagen. So unauffällig war es mir einfach lieber. Ich mit einer Divenfrisur, das wäre ja lächerlich. Zu viel, wenn Sie verstehen, was ich meine. Jeder, der mich sah, dachte ich, musste doch bemerken, wie verkleidet ich war, wie überfordert von dem Gewicht all dieser Zierde. Und er hätte gelacht. Aber ich schweife ab, entschuldigen Sie.

Nein, ich bin bestimmt kein traumatisiertes Kind, ich will mich nicht herausreden. Meine Kindheit war durchaus glücklich. Und ich bin hart im Nehmen, das habe ich von meinen Eltern gelernt, die waren auch hart im Nehmen. Man lässt sich nicht gehen. Ich bin noch die Jammerigste von uns, zugegeben, krieg’ mein Leben nicht so gut auf die Reihe wie sie. Die beiden haben sich was aufgebaut, haben sich durchgebissen. Ich bin nicht so. Mama hat sich ja immer Sorgen gemacht, ob ich das hinkriege mit den Kindern. Sie selbst hatte ja nur mich. Drei fand sie für mich einfach zu viel. Und Papa, der hat ja immer gewusst, dass ich so gar nicht lebenspraktisch bin. Gott, was hab’ ich mich geschämt, als ich anfing, die Antidepressiva zu nehmen. Aber damit ging es dann wieder. Und inzwischen bin ich auch schon fast davon runter. Man muss das ausschleichen, wissen Sie. Ich hab’ die Dosis schon beinahe halbiert. Ostern ist es dann so weit, dann bin ich clean. Ich bemühe mich wirklich.

Und ich bin hart im Nehmen, wie gesagt. Ich bin auch nicht empfindlich. Manchmal, wenn ich vor dem Spiegel stehe und mich ansehe, dieses Matronengesicht, das mir, ehrlich gesagt, immer noch fremd ist … geht Ihnen das auch so? Na ja, vielleicht ist es mein Problem, dass ich nicht realisiere, wie lange das alles jetzt schon her ist, das Wohnheim, das Studium, die Zeit in der IT-Abteilung, wo wir alle arbeiteten wie die Verrückten und uns von Kaffee ernährten. Ist aber doch alles schon zehn Jahre vorbei, meine Güte, fast fünfzehn. Ist es zu glauben? Mein Körper weiß das, er ist rund geworden und schwer, die Haut schlaff. Mein Kopf arbeitet noch an diesen Tatsachen. Vermutlich bin ich einfach langsamer von Begriff als andere. Im Grunde sehe ich mich immer noch als das