Die Welt – sie zeigte sich dem Kind in den ersten neun Jahren seines Lebens in Form riesiger Weizenfelder. »Diese Ähren hier, das ist unsere Armee! Damit kämpfen wir!« Das waren die Worte des Vaters, die dieser bei seiner Ankunft in Argentinien selbst schon von einem argentinischen Bekannten zu hören bekommen hatte.5 Hermann Weil hatte es beim Anblick eines endlosen Ährenfeldes, das hundert Mal größer als die durch Erbfolge geschrumpften Felder seiner Heimat war, die Sprache verschlagen. Kaum, dass er ihrer wieder mächtig war, verglich er die aufrecht stehenden Ähren in seiner Begeisterung mit der Armee des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm. Aber wäre in dieser Heerschar hoch gewachsener Getreidehalme jedes Einzelne tatsächlich ein Wesen aus Fleisch und Blut gewesen, hätte es der junge Getreidekaufmann weit nüchterner registriert. Ihn reizte gerade die menschenleere Weite Argentiniens, die Raum für endlose Weizenfelder ließ. Es gab Land im Überfluss, ein mildes Klima, das fruchtbare Böden zeugte. Die Schienenwege wurden gerade verlegt und die Flächen, die bereits kultiviert wurden, gaben einen Vorgeschmack auf das, was möglich wäre.
Dabei hatte der gewaltige Getreidestrom, der sich von hier aus in einigen Jahren in alle Länder ergießen sollte, 1890, als das Schiff mit Hermann Weil an Bord im Hafen von Buenos Aires anlegte, gerade mal die Ausmaße eines Rinnsals erreicht. Was den aus dem kleinen badischen Ort Steinsfurt bei Sinsheim stammenden Auswanderer bewog, Argentinien trotz der noch fehlenden Infrastruktur als Zielland zu wählen, war eine Wette auf Argentiniens Zukunft als Getreideexport-Nation: In wenigen Jahren wür