Kapitel 2
Vater … Papa …
Als meine älteste Tochter dreizehn war, verpatzte sie bei einem Vorspielabend ihren Auftritt. Jenna wurde später eine erstklassige Pianistin und eine wunderbare Sängerin. Aber jeder hat mal einen schlechten Tag. Sie hatte ihren eben zufällig vor einem Saal voller Zuschauer, unter denen auch ein Haufen Angehörige und Freunde waren. Zu Anfang klappte alles prima. Ihre Finger glitten über die Tasten wie die von Billy Joel. Aber mitten im Stück sprang ihr musikalischer Zug aus den Gleisen.
Ich sehe sie immer noch vor mir: den Blick starr nach vorn gerichtet, die Finger wie mit Sekundenkleber festgeklebt. Sie ging ein paar Takte zurück und setzte noch einmal an. Keine Chance. Sie konnte sich um nichts in der Welt daran erinnern, wie es weiterging. Es war mucksmäuschenstill – man hörte nichts außer den klopfenden Herzen ihrer Eltern.
Komm, Liebling, du schaffst das.
Versuch’s noch mal.
Gib nicht auf. Gleich fällt’s dir wieder ein.
Das tat es dann auch wirklich. Jennas mentale Blockade löste sich auf und sie spielte das Stück zu Ende. Aber das Unglück war bereits geschehen. Sie erhob sich mit bebendem Kinn und verbeugte sich kurz. Das Publikum spendete mitfühlenden Applaus. Sie stürzte regelrecht von der Bühne. Denalyn und ich standen hastig auf und trafen sie an der Seite des Saals. Sie warf die Arme um mich und barg das Gesicht an meiner Brust.
„Ach, Papa.“
Gebet beginnt immer mit einem ehrlichen, tief empfundenen „Ach, Papa“.
Das genügte. Denalyn und ich hüllten sie von beiden Seiten in unsere Liebe ein. Wenn eine Umarmung Scham beseitigen könnte, hätte diese es getan. In diesem Moment hätte ich ihr die Sterne vom Himmel geholt. Alles, was sie gesagt hatte, war: „Ach, Papa.“
Das ist ein guter Gebetseinstieg. Gebet beginnt immer mit einem ehrlichen, tief empfundenen „Ach, Papa“.
Jesus hat uns gelehrt, unsere Gebete so zu beginnen: „Unser Vater im Himmel“ (Matthäus 6,9;WD). Oder genauer: „UnserAbba im Himmel.“Abba ist ein intimes, zärtliches, volkstümliches Wort, die wärmste der aramäischen Bezeichnungen für „Vater“.
Keine Förmlichkeiten mehr. Stattdessen Nähe. Jesus lädt uns dazu ein, so zu Gott zu kommen, wie ein Kind zu seinem Papa kommt.
Jesus lädt uns ein, so zu Gott zu kommen, wie ein Kind zu seinem Papa kommt.
Und wie kommen Kinder zu ihrem Papa? Ich bin mal auf einen Schulhof gegangen, um es herauszufinden. Ich habe mich auf eine Bank gesetzt und mir Notizen gemacht. Die meisten Kinder wurden von ihren Müttern abgeholt. Aber es hatten doch genügend Väter Fahrdienst, dass ich meine Recherche durchführen konnte. Wie reagiert ein fünfjähriges