: Petra Kirsch
: Mord an der Kaiserburg
: Emons Verlag
: 9783863586973
: 1
: CHF 6.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 200
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Röschen, die beste Freundin, die sich nach Harmonie sehnte und nur glücklich war, wenn es den anderen gut ging - jetzt ist sie tot. Wer bringt so jemanden um? Und - warum? Um das herauszufinden, setzt sich Paula Steiner, 45, ledig, Hauptkommissarin des Polizeipräsidiums Mittelfranken, über sämtliche Vorschriften hinweg. Sie beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Daneben muss sie noch den Mörder einer ebenso fügsamen wie neugierigen Krankenschwester aus der Oberpfalz finden. Der beste aller Oberkommissare und ein Plasma-Fernseher unter dem Kruzifix helfen ihr dabei.

Petra Kirsch, 1954 in Wintershof bei Eichstätt geboren, ist promovierte Germanistin. Nach dem Studium in München war sie als Lokalreporterin, Nachrichtenredakteurin beim Hörfunk, Textchefin und Pressesprecherin tätig. Heute lebt sie als freie Autorin in Nürnberg.

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Neben ihr kaute Heinrich Bartels mit Wonne und Wohlbehagen auf seinen Fingernägeln. Sonst störte sie das nicht. Sie nahm es meist nicht einmal wahr, so sehr war ihr das Bild ihres Nägel beißenden Kollegen und Mitarbeiters vertraut, mit dem sie seit einigen Jahren das Zimmer teilte. Es war wie in einer langen Ehe – da wurde man mit der Zeit auch blind für die Marotten des Partners. Doch heute nahm sie es wahr, und es störte sie.

Denn heute war ein besonderer Tag. Als sie um sieben die Augen aufschlug, pochte und schmerzte wieder mal ihre linke Stirnhälfte. Im Laufe des Tages würde der leichte Druck auf ihrer Stirn einem lauten Hämmern weichen, der ihr den Boden unter den Füßen wegzog.

Sprechen und denken, ihre Lieblingsbeschäftigungen, waren dann ein Ding der Unmöglichkeit. Nur schlafend in einem abgedunkelten kühlen Zimmer und mit Ohropax in den Ohren konnte sie diese Attacken auf Körper und Seele ertragen. Ihre Anfälle verliefen immer nach dem gleichen Schema und unterschieden sich lediglich darin, ob sie sich übergeben musste oder nicht. Wenn sie rechtzeitig in ihr Bett kam, blieb ihr das in der Regel erspart.

Doch daran war vorerst nicht zu denken. Die Montagskonferenz hatte eine gute Stunde später als geplant begonnen und würde sich sicher bis zwei, drei Uhr nachmittags hinziehen. Zudem hatte der Leiter der Kriminaldirektion Nürnberg, Winfried Bauerreiß, sein Kommen angekündigt. Eine Sonderkommission für den Kindsmord in der Gartenstadt war zu bilden. FürSOKOs hatte Kriminalhauptkommissarin Paula Steiner nichts übrig. Zum einen wegen der Personalstärke. Zusammen mit zehn oder vierzehn anderen in einem Team zu arbeiten widersprach ihrer Vorstellung von ganzheitlicher Fahndung. Für sie war eineSOKO gleichbedeutend mit Arbeiten am Fließband. Außerdem war da der immense Druck von Presse und Öffentlichkeit, der rasche Ergebnisse einforderte und ein vorausschauend-bedächtiges Vorgehen ausschloss.

Zwar glaubte sie nicht, dass sie in dieSOKO einberufen werden würde. Schon deswegen nicht, weil sie diese Kärrnerarbeit bisher mit Umsicht und viel Glück vermeiden konnte. Aber Garantie war das keine. Zumal sie derzeit nur Papierkram zu erledigen hatte.

So wollte sie auf jeden Fall abwarten, was Bauerreiß mit ihr vorhatte. Um ihn dann mit klugen Worten umzustimmen zu versuchen, sollte er sie doch für dieSOKO benennen. Das hieß: Die schützenden Ohrstöpsel und ihr kühles Schlafzimmer lagen noch in weiter Ferne.

»Hör doch mit dieser pubertären Kauerei auf, das ist ja ekelhaft«, zischte sie ihren Kollegen an. Er ließ die Hände unter den Tisch fallen und starrte sie erschrocken an. Sofort tat es ihr leid.

Ich bin ungerecht, dachte sie. Heinrich kann nichts dafür, dass es mir schlecht geht. Er erträgt doch meine Unarten auch stillschweigend. Und er ist derjenige, den ich von allen Kollegen am meisten schätze, auch als Mensch.

Heinrich lebte mit seiner dreiundachtzigjährigen Großmutter zusammen und war unorganisiert. Er hatte lange blonde, grisselige Haare, die das runde Gesicht wie ei