: Jörg Steinleitner, Matthias Edlinger
: Ambach - Die Deadline / Das Strandmädchen Kriminalroman
: Piper Verlag
: 9783492970853
: 1
: CHF 7.30
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 140
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zum ersten Mal in seinem Leben hat Felix Ambach Geld. Er träumt davon, ein neues Leben mit seiner großen Liebe Dana anzufangen - und endlich das Kunstfälschen aufzugeben. Aber sein skrupelloser Geschäftspartner Gabriel de Moño hat andere Pläne. Geschickt gewinnt er den jungen Holzbildhauer für seine Interessen. Erst, als ein Mensch stirbt und Dana in Gefahr gerät, wird Felix klar, auf was er sich da eingelassen hat. Doch dann winkt der größte Coup seiner Fälscherkarriere. Gabriel will ihn überzeugen, gleich mehrere Skulpturen eines der bedeutendsten Meister der Moderne zu fälschen: Pablo Picasso.

Jörg Steinleitner, geboren 1971 im Allgäu, studierte Jura, Germanistik und Geschichte. Er absolvierte die Journalistenschule in Krems/Wien und ließ sich 2002 nach Stationen in Peking und Paris als Anwalt in München nieder. Bei Piper veröffentlichte er die Anne-Loop-Krimis, die Krimiserie um den LKA-Präsidenten Kurt Nonnenmacher, die 'Ambach'-Reihe mit Co-Autor Matthias Edlinger sowie 'Gummistiefelyoga' unter dem Pseudonym Felix Tanner. Zudem ist er Chefredakteur des Literaturmagazins BUCHSZENE.DE und veröffentlicht auch Kinderbücher. Seine Lesungen inszeniert Steinleitner als unterhaltsames multimediales Kabarett. Steinleitner wurde u.a. mit dem Preis 'Demokratisch handeln' ausgezeichnet und ist seit 2020 Bürgermeister im oberbayerischen Riegsee, wo er mit Frau und drei Kindern in einem 200 Jahre alten Bauernhof lebt.

Eins


Das Loch, das die Pistolenkugel in die Haut riss, war angesichts seiner mörderischen Wirkung lächerlich klein, kaum größer als der Nagel eines kleinen Fingers. Die Kugel bohrte sich unterhalb des linken Rippenbogens schräg nach oben. Sie durchschlug das Fettgewebe, die schräg verlaufende Bauchmuskulatur und passierte nach dem Durchtrennen der Magenwand die Überreste eines Butterbrots mit Käse. Dann durchtrennte sie das Bauchfell, ein äußerst schmerzhafter Vorgang, der sich im Gesicht des Opfers widerspiegelte. Sie zerriss das Zwerchfell und die Herzwand und eröffnete etwa einem halben Liter Blut den Weg in den Magen. Die Flüssigkeit im Magen führte unweigerlich zu einem starken Brechreiz des Sterbenden, er spuckte Blut. Der Anblick des nahenden Todes war ekelerregend, zugleich aber auch von faszinierender Farbenpracht. Das Rot von Menschenblut ist in seinem Farbton unverwechselbar. Nicht nur die Figur der Tänzerin, an der Felix Ambach kürzlich noch gearbeitet und die er im Stile des berühmten Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner gefälscht und beinahe fertiggestellt hatte, bekam einige rote Spritzer ab. Es traf auch die auf dem Ateliertisch liegenden Skizzen, einen überfüllten Aschenbecher, mehrere Schnitzmesser, ein Stemmeisen und andere Bildhauerwerkzeuge. Der Boden wurde mit Blut besudelt, sogar zwischen die Dielenbretter sickerte der Saft, wo er beinahe eine Ameise ertränkt hätte, die sich dort an den für das menschliche Auge kaum sichtbaren Überresten einer Mahlzeit labte. Die Ameise konnte sich in den Ritzen zwischen den Dielen in Sicherheit bringen. Die Kugel aber setzte ihr mörderisches Werk fort.

Während die Gesichtsfarbe des Getroffenen einen aschfahlen Ton annahm, trat das Geschoss schließlich unterhalb des rechten Schulterblatts wieder aus dem Körper aus, flog einige Meter weiter, zertrümmerte den über dem Werkstattwaschbecken hängenden Spiegel und blieb in der hölzernen Wand stecken. Der Schuss hallte nicht nach, Totenstille breitete sich aus.

Sechs Sekunden, nachdem die Kugel den Lauf der Pistole verlassen hatte, brach der Blutkreislauf des Bloggers und Journalisten Stefan Blank zusammen, sein Körper schlingerte, sackte weg; der Mann, der eben dabei gewesen war, den spektakulärsten Kunstfälschungsskandal seit Beltracchi aufzuklären, war so gut wie tot. Nur nicht sein Gehirn: Es verrichtete noch rund dreißig Sekunden seinen Dienst. Es mag erstaunen, aber der emsige Rechercheur Stefan Blank dachte im Moment seines Todes nicht an seine größte Story, auch nicht an Kunstfälschung im Allgemeinen oder an den Skandal um die gefälschten Riemenschneider-Heiligen im Besonderen (wegen denen er ja hier war und die wenige Monate zuvor im Rahmen einer Versteigerung des Münchner Auktionshauses Stettner für dreizehn Millionen an die katholische Kirche gegangen waren) – nein, Stefan Blank dachte an die Packung Sagrotantücher, die er in seinem Rucksack aufbewahrte. Gerne hätte er den Rucksack geöffnet, ein Tuch herausgezogen und sich das Blut von der Brust gewischt. Blut hatte außerhalb des Körpers nichts zu suchen. Hatte es seine gewohnten Bahnen verlassen, war es nichts weiter als Schmutz, der Kleider und andere Gegenstände besudelte. Stefan Blank aber hasste Schmutz. Seinen Tod hätte er sich sicherlich anders vorgestellt: reinlicher, geordneter und weniger infektiös. Doch zum einen hatte er ohnehin keine Wahl, zum anderen löste sich just in diesem Moment seine irdische Gedankenwelt auf. Ja, ihm war, als schwebte er nach oben an die Decke dieser Schnitzerwerkstatt, die sein Sterbeort geworden war. Ungläubig blickte er nach unten, sah sich selbst, wie er dalag und blutete und würgte und starb; wie dieser nichtsnutzige Fäl