: Wolfgang Hohlbein
: Das Siegel
: Verlag Carl Ueberreuter
: 9783764191726
: 1
: CHF 8.90
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 350
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Doch es gibt Augenblicke, in denen man sich nicht entscheiden kann zwischen richtig und falsch, Junge.' Ein düsteres Sklavenschiff läuft im Hafen von Alexandria ein. Unter den Gefangenen ist der junge Ulrich von Wolfenstein, der als Kreuzfahrer ins Heilige Land ziehen wollte und es nun unfrei betritt. Schon bald gerät der Heißsporn zwischen die Fronten verfeindeter Tempelritter und Sarazenen. Als man ihn gegen seinen Willen in eine Intrige hineinziehen will, begreift er: Das Schicksal Jerusalems liegt alleine in seiner Hand.

Wolfgang Hohlbein wurde 1953 in Weimar geboren. Gemeinsam mit seiner Frau Heike verfasste er 1982 den Fantasy-Roman »Märchenmond«, der den Fantasy-Wettbewerb des Verlags Carl Ueberreuter gewann. Das Buch verkaufte sich bislang weltweit 4,5 Millionen Mal und beflügelte seinen Aufstieg zum erfolgreichsten deutschsprachigen Fantasy-Autor. Wolfgang Hohlbein lebt mit seiner Familie in der Nähe von Düsseldorf.

1


Mit dem ersten Licht des neuen Tages war ein schmaler sandbrauner Streifen vor dem hochgezogenen Bug des Schiffes aufgetaucht. Obwohl seither mehr als zwei Stunden vergangen sein mussten, war er bisher kaum näher gekommen, denn das mächtige Segelschiffbewegte sich nicht darauf zu, sondern lief mit prall geblähten Segeln die Küste entlang. Es hielt dabei im Großen und Ganzen immer denselben Abstand von der braun-grün gefleckten Landmasse – einen Abstand, der klein genug war, die Besatzung nach Sicht manövrieren zu lassen. Trotzdem hätte Ulrich vielleicht den Sprung über Bord gewagt, und viele andere der gut hundert Gefangenen ebenfalls, die mit ihm in dem stinkenden Laderaum des Schiffes eingesperrt waren, hätten sie nur die Gelegenheit dazu gehabt.

Aber es gab diese Gelegenheit nicht. Zwischen den Gefangenen und dem sandbraunen Land im Süden lag nicht nur eine gute Meile salzigen Wassers, sondern da waren auch die fingerdicken Eisenstäbe des Gitters, das die beiden winzigen Sichtluken verschloss, und die rostige Kette, die beide Fußfesseln miteinander verband.

Wenn Ulrich sich sehr viel Mühe gab, konnte er damit aufstehen und sogar gehen, wenn auch nur mit kleinen und mühsamen Schritten, die seinem zerschundenen und erschöpften Körper die letzte Kraft kosteten – eine Flucht war also ganz ausgeschlossen.

Ulrich von Wolfenstein hob langsam die Schale an die Lippen, nahm ein paar Schlucke von dem warmen, schlecht schmeckenden Wasser, das er sich darin aufgespart hatte, und betrachtete das trübe Spiegelbild seines Gesichtes darin. Er war beinahe froh darüber, dass das Licht hier drinnen so schlecht war. So konnte er nicht viel mehr als einen zerfließenden Schatten erkennen. Die wenigen Male, da er sein eigenes Spiegelbild in den letzten Tagen gesehen hatte, war er zutiefst erschrocken darüber, wie rasch er sich in den kaum zwei Wochen verändert hatte.

Aus dem hochgewachsenen, kräftigen