KAPITEL 1
PLANE NIEMALS EINE EXPEDITION IM PUB
Paul war der Erste, den ich an der Uni kennengelernt hatte, und in den drei Jahren, die wir gemeinsam studierten, kam er immer wieder mit den verrücktesten Ideen an, die er aber nie durchzog. Ich hatte schnell gelernt, dass es einfacher war, Ja und Amen zu allem zu sagen und dann abzuwarten, bis er die Sache vergaß, als mich mit ihm darüber zu streiten, warum es vielleicht keine so gute Idee war, die Nordsee per Wasserski zu überqueren oder zur Vorlesung in einem schnieken Fünfzigerjahre-Anzug kostümiert zu erscheinen.
Als ich Paul am nächsten Morgen an sein unverständliches Gefasel über eine Taxifahrt nach Australien erinnerte, bereute ich meinen Fehler sofort – wie ein kleiner Schuljunge war ich in die Falle getappt. Mein Herz sank mir in die Kniekehlen, als ich sah, wie sich seine Augen bei der Erinnerung an seinen Plan weiteten und wie sie dann aufleuchteten, ob all der Möglichkeiten, die sich vor ihm auftaten. Ich wappnete mich für eine nachmittägliche Diskussion.
Es war ohnehin schon ein wirklich schwerer Tag für mich gewesen: Ich hatte ein paar Hundert Mal Facebook gecheckt, mir meine tägliche Dosis »Neighbours« im Fernsehen geholt, hatte ein paar Scheiben Brot getoastet, aus dem Fenster geschaut und auf der PlayStation gespielt. Jetzt ging mir langsam der Stoff aus, was ich als Nächstes tun könnte.
Ich warf einen Blick auf das verstaubte Maschinenbau-Lehrbuch auf meinem Schreibtisch. Aber so verzweifelt war ich doch wohl nicht, dass ich jetzt auch noch etwas für die Uni getan hätte? Ich suchte nach einer adäquaten Alternative, aber mir fiel nichts ein.
Ich griff im Zeitlupentempo nach dem Buch, aber gerade, als mein Schicksal besiegelt zu sein schien, stürmte Paul in mein Zimmer. Er trug seinen abgewetzten, schmutzigen Bademantel und hatte eine Schüssel Müsli in der Hand.
»Also, diese Idee mit dem Taxi …«, begann er und ließ sich auf mein Bett fallen, »bist du dabei?«
Obwohl ich nicht die geringste Absicht hatte, bei einem derart blöden Unternehmen mitzumachen, beschloss ich, Paul bei Laune zu halten und ihm jeden einzelnen Grund aufzuzählen, warum er diese Reise nicht durchziehen könnte. Sein blanker Enthusiasmus brachte es jedoch fertig, allen meinen Argumenten etwas entgegenzusetzen.
»Wie willst du das bezahlen?«
»Keine Ahnung, vielleicht mit Sponsoren oder so.«
»Aha. Und wann wirst du Zeit dafür haben?«
»Wir könnten es nach unserem Abschluss machen, dann hätten wir noch zwei Jahre, um alles zu planen.«
»Und wo zum Teufel nimmst du ein schwarzes Taxi her?«
»Gebrauchtwagenhändler, Kleinanzeigen, eBay, wir fragen einen der Taxifahrer, die uns nachts nach Hause chauffieren … Es gibt jede Menge Möglichkeiten!«
»Warte mal«, sagte ich triumphierend, denn ich war überzeugt, ich hätte endlich ein unschlagbares Gegenargument gefunden: »Du hast nicht die geringste Ahnung von Autos!«
Er wurde zum ersten Mal etwas unsicher, zögerte kurz, hatte dann aber die Sache sofort wieder im Griff: »Leigh!«, rief er freudestrahlend aus. »Leigh sagt, er kann Autos reparieren, und er wollte schon immer so etwas unternehmen! Komm, Mensch, das wird ein irrer Spaß!«
Ich wusste, dass sowieso nie etwas daraus werden würde. Aber um ihn aus meinem Zimmer zu bekommen, damit ich mir weiter »Greatest Fails of the Year« auf YouTube ansehen konnte, musste ich irgendetwas sagen.
»Okay«, seufz