Kapitel eins
An ihrem Hochzeitstag sollte sich jede Frau wie eine Prinzessin fühlen, das ist praktisch Gesetz. Als ich an meinem glitzernden Kleid hinunterschaue, so leicht und duftig, dass Mary Berry vor Neid die Tränen kommen würden, fühle ich mich genau so: wie eine Prinzessin.
Während wir zu den Klängen des Hochzeitsmarsches den Saal betreten, muss mein Dad sich echt zusammennehmen. Er ist vor Rührung sprachlos, und ich sehe Tränen in seinen Augen. Ich schreite den Gang entlang, und meine Freunde und die Familienangehörigen strahlen mich an. Ich weiß, was sie denken: dass ich das schönste Kleid trage, das sie je gesehen haben. Alle außer meiner Tante Dorian. Ihre Miene ist grimmig, weil ich vermutlich die Hochzeit meiner geschätzten Cousine Dawn in den Schatten stelle.
Und dann entdecke ich meinen gutaussehenden Bräutigam, der mir auf der ganzen Welt der liebste Mensch ist. Dort steht er in seinem maßgeschneiderten Anzug und sieht unheimlich sexy aus. Sich vorzustellen, dass ich in wenigen Minuten Mrs. Mark Robinson sein werde … Ich höre den SongMrs. Robinson von den Lemonheads laut in meinem Kopf, er übertönt den Hochzeitsmarsch.
Meine Mum sitzt in der ersten Reihe und sieht unglaublich selbstzufrieden aus. Ich kann mir schon denken, wie sie dieses Jahr die Flut von Weihnachtskarten gestalten wird. Die Kinder all ihrer Freundinnen werden sich minderwertig fühlen, wenn man ihnen die Fotos von Mark und mir zeigt – Fotos, auf denen wir einfach umwerfend aussehen bei der wundervollsten Hochzeit dieser Welt.
Der Saal in der Burg ist schöner, als ich es mir je erträumt hätte. Die in den Mauernischen flackernden Kerzen umgibt ein warmes Glühen, und die schlichten Vasen mit den langstieligen weißen Rosen, die den Gang säumen, sind das i-Tüpfelchen.
Am Ende des Ganges bleibe ich neben Mark stehen. Er beugt sich zu mir und flüstert, dass ich wunderschön aussehe, so wie Prinz William es bei Kate getan hat. Ich lächle und schaue ihm in die Augen, was einfacher ist als sonst, denn mit meinen traumhaften Jimmy Choos bin ich nur noch etwa fünf Zentimeter kleiner als er.
Ich gebe Lou, meiner Trauzeugin, den Brautstrauß. Sie trägt ein schlichtes lilafarbenes Kleid im Empire-Stil, das mir fast so gut gefällt wie mein Brautkleid. Meine Schwester steht neben ihr, mit meiner Nichte, die sich an Mamas Bein klammert und aussieht wie ein kleiner Engel.
Das ist der glücklichste Tag meines Lebens. Ich. Bin. Eine. Prinzessin.
In genau diesem glückseligen Moment gibt der Computer das scheußlichste Geräusch von sich, das man sich vorstellen kann.
Das künstliche Jubeln der Menge reißt mich aus meinem Tagtraum und holt mich zurück in mein winziges Schlafzimmer. Strategisch vorteilhaftes Kerzenlicht ist dem schwachen Schein der Energiesparlampe gewichen, und statt der Jimmy Choos und einem Brautkleid von Vera Wang trage ich meine Baggy-Boyfried-Jeans, einen übergroßen gemütlichen Pulli und Wollsocken mit Zeichentrickfiguren drauf.
In fluoreszierendem Pink und Gelb steht auf dem Bildschirm: Bingo. Ich hatte es gerade rufen wollen. Mir fehlte nur noch eine Nummer. Es wardas Spiel. Das Spiel, das ich gewinnen sollte. Das es mir ermöglicht hätte, mir die Jimmy Choos zu kaufen. Das mich der Hochzeit meiner Träume einen Schritt näher gebracht hätte. Der Hochzeit in dem Schloss, wo ich schönste Braut aller Zeiten sein würde.
Und jetzt hat LuckyLes11 meine 500 Dollar gewonnen. Lebt wohl, Jimmy Choos.
Wenn ich beim Bingo verliere, überkommt mich jedes Mal eine leichte Übelkeit. Aber wenn ich so knapp vor dem Sieg verliere, dass ich das Geld im Kopf schon ausgegeben habe, ist es noch viel schlimmer.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – ich spiele nicht oft. Nur hin und wieder. Jetzt ist so ein »Hin«, während ich darauf warte, dass Mark von der Arbeit nach Hause kommt. Ich habe die neueste Ausgabe vonBridal Dreams durchgeblättert und dabei diese Top-Ten-Hochzeitsschuhe gesehen, die man einfach besitzenmuss. Ich habe mich sofort in Paar Nummer zwei verliebt und dachte, dass ein netter kleiner Versuch beim 90-Ball-Bingo sie mir verschaffen würde, von wegen Schicksal und so.
Aber das Schicksal sieht es wohl anders. Jede Wette, dass LuckyLes11 fette Knöchel hat und in Jimmy Choos fürchterlich aussehen würde. Aber ich bin nicht enttäuscht, ehrlich nicht.
Die Wohnungstür fällt mit einem lauten Knall ins Schloss. Mark ist zu Hause.
Schneller, als man »Tschüss, Jimmy Choos« sagen kann, logge ich mich bei Fizzl