„Es geht mit Geschichtswerken wie mit Gewässern, die erst da Bedeutung gewinnen, wo sie schiffbar werden. (…) Tatsachen wollen wir sehen, Tatsachen von Belang, Dinge, die imstande sind, die Aufmerksamkeit vernünftiger Leute zu fesseln.“1
(Friedrich der Große, Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg)
„Nie will ich in Dingen meine Ehre suchen, in denen nur der Wahn sie finden kann.“2
(Wilhelm I., „Lebensgrundsätze“)
Prolog
Ein Preuße in Deutschland
Die Herausgeber von „Meyers Konversations-Lexikon“ trauten sich einiges. Nur zwei Jahre nach dem Tod Wilhelms I. sprach die damals bedeutende Enzyklopädie dem 1888 verstorbenen Kaiser „hervorragende, glänzende Geistesgaben“3 rundweg ab. Er sei „einfach, bieder und verständig“ gewesen, womit die Redakteure eine Bemerkung von Königin Luise zitierten, als ihr zweiter Sohn Wilhelm gerade zwölf Jahre alt geworden war. Eingehendes Interesse habe der Monarch weniger für die Künste und Wissenschaften als vielmehr für militärische und politische Dinge gezeigt. Diesem ungeschminkten Urteil folgte in dem Nachschlagewerk freilich eine wahre Lobeshymne auf den Charakter des verblichenen Kaisers. Allem voran „seine Wahrheitsliebe, Treue, Dankbarkeit, sein sittlicher Mut, seine Standhaftigkeit in gefährlichen, seine Mäßigung in glücklichen Lagen.“ Geradezu sinnstiftend seien die „Bescheidenheit, mit der er das Verdienst der von ihm selbst ausgewählten Gehilfen, wie besonders Bismarcks, Moltkes und Roons, nicht nur selbst anerkannte, sondern auch die mitunter ihn selbst