: Sarah Elise Bischof
: Panthertage Mein Leben mit Epilepsie
: Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783959100106
: 1
: CHF 10,70
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 208
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sarah ist zwanzig, hat gerade die Schule hinter sich und will mit Vollgas ins Leben starten - doch dann erleidet sie einen epileptischen Anfall. Und noch einen und noch einen. Plötzlich sieht die lebenslustige Sarah sich mit einer Krankheit konfrontiert, die ihr Leben mit einem Schlag komplett verändert. Was folgt, sind eine Zeit voller Anfälle und Medikamente, viele Momente der Einsamkeit, Wut und Scham und die Konfrontation mit zahllosen Vorurteilen. Aber Sarah gibt sich und ihre Träume nicht auf. Heute, zehn Jahre, sieben Antiepileptika und unzählige Arztbesuche und Klinikaufenthalte später, ist Sarah eine junge, selbstbewusste Frau und steht mit beiden Beinen im Leben. In Panthertage blickt sie auf ihre Geschichte zurück: eine Geschichte über das Leben mit Epilepsie, das nicht immer einfach, dafür aber jederzeit lebenswert ist. »Ein warmherziges, aufrichtiges und lichtfunkelndes Buch.« Benjamin Lebert, (Bestsellerautor)

Sarah Elise Bischof wurde 1984 in Norddeutschland geboren und studierte Kulturmanagement und Literaturwissenschaft in Kiel, Göteborg und München. 2004 wurde bei ihr eine Grand-Mal-Epilepsie diagnostiziert. Sie lebt mit ihrer Hündin in München.

1. Kapitel


Siebenmal hinfallen, achtmal aufstehen. Es ist nur ein Gewitter an einem ansonsten sonnigen Tag.

Zugegeben, in manchen Situationen kann ich meine eigenen Kalendersprüche kaum ertragen. Vor allem dann nicht, wenn ich auf einer Bare hilflos ausgeliefert durch die Krankenhäuser dieser Welt geschaukelt oder mit Blaulicht in das nächstliegende Krankenhaus verfrachtet werde und verzweifelt versuche, meinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Doch irgendwo zwischen Sprachzentrum und Mund herrscht ein Wackelkontakt, der mir das Sprechen verweigert.

»Sa-a I-scho«, höre ich verwirrte Vokale meinen Mund verlassen, während die Trage unsanft gegen eine Kante stößt. Verflucht. Buchstabenchaos im Kopf. »Wissen Sie, wie Sie heißen?«, wiederholt eine Männerstimme lautstark und überzogen deutlich. Zugegeben, meinem Notfallausweis, den sie inzwischen gefunden haben werden, ist eine gewisse Hilfebedürftigkeit zu entnehmen. Aber meine Ohren sind vollkommen in Ordnung und davon, schwer von Begriff zu sein, bin ich ebenfalls noch eine ganze Ecke entfernt. Ich kann es vielleicht nicht von allzu vielen Körperteilen behaupten, aber eins weiß ich ganz bestimmt: Meine Ohren, die sind superklasse. Allzu gern sitze ich zu Hause auf meinem Badewannenrand, rauche eine heimliche Zigarette als Hommage an meine persönliche Filmheldin Margot Tenenbaum und lausche durch die Wand hindurch gespannt den Telefongesprächen meines Nachbarn Tobi, den sein Schürzenjäger-Dasein wieder und wieder in allerlei Kalamitäten stürzt. Ich wohne dort schon bald zwei Jahre und doch konnte ich bei dem armen Kerl keinerlei Lernprozess in Liebesangelegenheiten feststellen. Mich soll es nicht weiter stören. Zum einen ist es eine unterhaltsame Ablenkung zu meinem eigenen Liebesleben, das, sagen wir es einmal nordisch nobel, in eine Art ausweglos erscheinende Flaute geraten ist. Zum anderen dient es meinen inoffiziellen Sozialstudien, einem Hobby, dem ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit genüsslich fröne.

Die lautstarken Klänge hallen in meinem Gehirn noch immer von einer Schädelwand zur anderen. Wenn ich könnte, würde ich meine Hände an die Ohren pressen und den armen Mann anbrüllen, dass ich ihn durchaus verstanden habe, mein Gehirn derzeit nur aufgrund eines Resets und daraus resultierender Wartungsarbeiten etwas länger braucht, um die Frage zu verarbeiten und schließlich die Buchstaben für eine Antwort zusammenzukramen. Ich atme tief durch. Konzentriere dich, Sarah, du schaffst es und ganz bestimmt darfst du dann einfach schlafen. Inzwischen scheint eine gefühlte Ewigkeit vergangen, dennoch kneife ich mein Gehirn zusammen und unter größter Kraftanstrengung höre ich mich noch einmal ein »Saha Ischo« herauspressen. Nicht schlecht. Nur drei Buchstaben sind auf ihrem langen Weg von der Idee im Sprachzentrum bis zur Lautäußerung im Mundraum verloren gegangen. Und dass ich das H vom Ende meines Vornamens in die Mitte versetzt habe, um zumindest zwei Silben bilden zu können, zählt ja wohl nicht. Das F als Endlaut meines Nachnamens wurde aufgrund des Ermüdungsgrades meines Kopfes gewissermaßen hintenraus wegrationalisiert und das B ist mir momentan einfach zu anstrengend. Lippen zusammenpressen ist einfach nicht drin. Zuletzt lenke ich meine Gedanken auf das R. Nach großen Anfällen ist es ein wahrer Rabauke. Es wird am längsten verschwunden sein. Häuf