: Bettina Baltschev
: Hölle und Paradies Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur
: Berenberg Verlag GmbH
: 9783946334118
: 1
: CHF 16.10
:
: Kunst, Literatur
: German
: 168
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Amsterdam: was für eine schöne, unverwechselbare Stadt! Sie wurde zur Zuflucht, sie lässt uns arbeiten«, schwärmte Klaus Mann von einer seiner ersten Stationen im Exil. Und Amsterdam war nicht nur temporärer Wohnort, sondern verhieß schon bald auch eine ganz andere Art von Heimat: Zwischen 1933 und 1950 veröffentlichte der Querido ­Verlag viele der Autoren, die vor den Nazis aus Deutschland ­fliehen mussten, von Joseph Roth bis Irmgard Keun und Lion Feuchtwanger. Über Europa verstreut, finden die deutschen Schriftsteller in Amsterdam ihr geistiges Zentrum. Und trotzdem: »Das Exil war eine Hölle«, schreibt Hermann Kesten. Bettina Baltschev geht mit offenem Blick durch das heutige Amsterdam und spürt dem Leben der Exilschriftsteller und ihrer Verleger nach.

Bettina Baltschev, geboren 1973 in Berlin, studierte Kulturwissenschaften, Journalistik und Philosophie in Leipzig und Groningen. Sie ist Autorin und Redakteurin beim Hörfunk der ARD und pendelt zwischen ihrem Wohnort Leipzig und ihrer zweiten Heimat Amsterdam. 2008 erschien »Ein Jahr in Amsterdam. Reise in den Alltag« (Herder).

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Amsterdam Centraal:
Im Nachtzug nach Amsterdam


Amsterdam Centraal Station

Es gibt wieder Kontrollen. Im Sommer 2015 muss ich kurz hinter der deutsch-niederländischen Grenze meinen Ausweis zeigen, das erste Mal seit zwanzig Jahren. Der Gendarm der Koninklijke Marechaussee will sichergehen, dass ich Staatsbürgerin der Bundesrepublik bin. Eben noch hat er mit einem Kollegen zwei junge Männer nach draußen geschickt. Sie hatten keinen Ausweis dabei, keinen europäischen jedenfalls, auch keine Koffer, die sie wenigstens als Touristen hätten klassifizieren können, nur ein paar Plastiktüten. Nun stehen sie auf dem Bahnsteig von Hengelo, umringt von einigen weiteren Gendarmen, die sie um zwei Köpfe überragen. Ein ganz schöner Auftrieb wegen zwei müder Männer, von denen man nur ahnen kann, aus welchem Krisengebiet sie sich bis hierher durchgeschlagen haben. »Was passiert mit ihnen?«, frage ich den Gendarmen, der meinen Ausweis studiert. »Die kommen in ein Auffanglager, da können sie dann Asyl beantragen«, antwortet er, gibt mir meinen Ausweis