: Anselm Neft
: Vom Licht
: Satyr Verlag
: 9783944035789
: 1
: CHF 11.70
:
: Erzählende Literatur
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Aussteigerroman, radikale Reflexion und verstörende Familiengeschichte: 'Vom Licht' ist eine literarische Herausforderung, die lange nachwirkt. In seinem neuen Roman gewährt Anselm Neft einen tiefen Einblick in fundamentalistisches Denken und den radikalen Kern des Christentums. Brisanter Stoff und exzellente Prosa. Adam ist 21 und ganz allein. In der Dachkammer eines entlegenen und verwilderten Selbstversorgerhofes im österreichischen Voralpenland schreibt er über sein bisheriges Leben: das abgeschottete Landleben ohne Schulbesuch, die religiöse Heimerziehung durch seine Zieheltern und seine innig geliebte, drei Jahre ältere Stiefschwester Manda. Durch seine Notizen versucht Adam zu verstehen, was mit seiner Familie geschehen ist, wie er der wurde, der er ist, und was er tun kann, um trotzdem weiterzuleben.

Anselm Neft schrieb bereits Hunderte von Satiren, Nachrufen, Kolumnen, Kurzgeschichten und Essays unter anderem für taz, Tagesspiegel, Welt, Titanic, Eulenspiegel, Das Magazin und Christ& Welt. Er studierte vergleichende Religionswissenschaften, schrieb seine Abschlussarbeit über zeitgenössischen Satanismus und legt mit 'Vom Licht' nach 'Hell' seinen zweiten Roman bei Satyr vor. Weitere Veröffentlichungen: 'Die Lebern der Anderen' (Ullstein: 2010) und 'Helden in Schnabelschuhen' (Knaus: 2014). Neft lebt in Hamburg, schreibt an seinem nächsten Roman und tritt monatlich mit der Lesebühne 'Liebe für alle' auf.

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DAS HAUS


Seit Tagen versuche ich, die Traurigkeit zu ergründen, die mich beim Anblick des Esstisches überkommt, und glaube, eine Ursache in der Unverrückbarkeit des Tisches gefunden zu haben. Er ist zwar theoretisch verrückbar, steht praktisch aber, seit ich denken kann, an derselben Stelle und erfüllt eine einzige Funktion. An diesem Tisch haben wir mittags und abends gegessen. Gefrühstückt und gearbeitet und beisammengesessen wurde am Küchentisch in der Küche, einem Tisch unter dem Manda und ich als Kinder manchmal gehockt haben, wohingegen der Esstisch im Esszimmer nie dazu eingeladen hätte, Teil eines Spiels zu werden.

So selbstverständlich mir die Unverrückbarkeit des Tisches in vielen Jahren erschienen ist, so sehr vermute ich nun darin einen Grund für meine Traurigkeit. Zuerst war das traurige Gefühl da, dann fand ich den Gedanken, der dem Gefühl zugrunde lag, die Absicht des Gefühls. Ich kann gar nicht sagen, was ich gerne an diesem Tisch noch getan oder beobachtet hätte, ich kann nicht einmal sagen, dass ich gerne etwas anderes getan oder beobachtet hätte, ich kann nur sagen und sage es mir seit Tagen immer wieder, dass es mich traurig