„Da hat Morwitz offenbar wieder einen Coup gelandet“, dachte Kurt Kauz, als er sah, wie das Publikum in die ehemalige Skulpturenhalle strömte, die für diesen und ähnliche Anlässe bis auf den Fettstuhl von Beuys freigeräumt worden war. Er hatte dem Direktor des Neuen Kunstmuseums davon abgeraten, das umstrittene Südtiroler Gesamtkunstwerk Ganymed von Schmoizz für eine Performance zu verpflichten. Aber wie gewöhnlich hörte jener nicht auf die Ratschläge seines Assistenten. Carlo Morwitz wollte keine Figuren aus Gips, Terrakotta, Bronze oder Stein ausgestellt haben, die auch in anderen Museen zu betrachten waren. „Ich bevorzuge den Menschen aus Fleisch und Blut“, hatte er Kauz gegenüber seinen Entschluss begründet. Und der Kunsthistoriker musste zugeben, dass Morwitz mit seiner Programmatik, dem radikalen Bruch mit der abendländischen Repräsentationstradition, bisher Erfolg gehabt hatte. In der Tat lockten seine spektakulären Happenings eine ganz neue Besucherklientel an. „Mir ist es gelungen“, sagte er zu seinem Assistenten triumphierend, „mit meinenEvents auch Menschen ohne kunsthistorische Vorkenntnisse an das Museum heranzuführen. Kunst soll doch Spaß machen.“ Und Kauz wusste nichts dagegen zu sagen. Gegen den Erfolg konnte er nicht argumentieren. Kauz selbst suchte mit Besuchern das Gespräch, die zum ersten Mal, geködert von Carlos geschickter Werbestrategie, in das Museum kamen, sie äußerten sich positiv überrascht vom Gebotenen und wollten wiederkommen. Aber heute, das wusste Kauz, sollte ein erster, allerdings riskanter Höhepunkt an künstlerischer Unterhaltung erreicht werden. Im hohen klassizistischen Foyer drängten sich bereits die Interessierten, darunter befanden sich auffallend viele junge Männer und Frauen in Jeans und Sweatshirts, wie Kauz feststellte, ein Publikum, das man sonst eher auf Popkonzerten oder Fußballplätzen anzutreffen gewohnt war, zwischen arrivierten älteren Herrschaften. Die Damen in teuren Designerkostümen, die Herren im dunklen Anzug, alle balancierten Sektgläser und Häppchen und warteten auf den Einlass in den Ausstellungsraum. Kauz drückte sich in eine Nische und beobachtete die Versammlung. Der Einladungsflyer hatte die Geladenen darüber informiert, dass die als „Verfügun