: Norman G. Finkelstein
: Die Holocaust-Industrie Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird
: Piper Verlag
: 9783492968461
: 1
: CHF 10.00
:
: Gesellschaft
: German
: 248
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die »Holocaust-Industrie« - das bedeutet für Norman Finkelstein die moralische und finanzielle Ausbeutung jüdischer Leiden. Seine Analyse ist zugleich eine leidenschaftliche Anklage: Er wendet sich gegen die Interessenverbände, die den Holocaust für eigene Zwecke nutzen, häufig auf Kosten der Opfer. Er kritisiert die Verkitschung des Gedenkens, die die Würde der Opfer beleidigt. Außerdem wirft er den USA und Israel vor, den Holocaust zu instrumentalisieren, um von eigenen Problemen abzulenken. Mit seinen provokanten Thesen hat Finkelstein eine erbitterte Debatte ausgelöst.

Norman Finkelstein, geboren 1953, studierte an der Princeton University und in Paris. Er lehrte Politikwissenschaft an der City University in New York. Heute lebt er in Chicago, wo er an der DePaul University lehrt. Zusammen mit Ruth Bettina Birn veröffentlichte er »Eine Nation auf dem Prüfstand. Die Goldhagen-These und die historische Wahrheit«, 2001 folgte das aufsehenerregende Buch »Die Holocaust-Industrie«. Zuletzt erschien von ihm auf deutsch »Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Mißbrauch der Geschichte«.

Vorwort zur deutschen
Taschenbuchausgabe


Die Holocaust-Industrie stützt sich auf zwei zentrale Thesen. Erstens liegt es in der Verantwortung der Deutschen – und zwar der Deutschen allein –, mit ihrer Vergangenheit ins reine zu kommen. InDie deutsche Katastrophe merkt Friedrich Meinecke an, daß Nazideutschland insofern nicht der alleinige Bösewicht war, als das »amoralische Element«, das seinen Kern ausmachte, die gesamte westliche Zivilisation befiel. »Eine Rechtfertigung für uns«, warnt er dennoch, »darf das aber nicht sein ... Ethische wie auch historische Erwägungen [erfordern], ... auch vor der eigenen Tür zu kehren und den besonderen Anteil Deutschlands zu erfassen.«1 In der Umkehrung gilt das ebenso: Ethische und historische Erwägungen erfordern, daß beispielsweise die Vereinigten Staaten vor ihrer eigenen Tür kehren sollten. Doch obwohl die Amerikaner nur allzu bereit sind, die nationale Selbstabrechnung Deutschlands zu überwachen, sind sie weder gewillt noch imstande, selbst eine vergleichbare Verantwortung zu entwickeln. In ihrer Rede zum Abschluß der Verhandlungen mit Deutschland über die Zwangsarbeiter erklärte Außenministerin Madeleine Albright, es liege »im außenpolitischen Interesse der Vereinigten Staaten, Schritte hinsichtlich der Folgen der Nazizeit zu unternehmen, die Welt über dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte zu unterrichten, die Lektionen daraus zu lernen und sich darum zu bemühen, daß so etwas nie wieder geschieht.«2 Nun läge es in der Tat auch im »außenpolitischen Interesse« des größten Teils der Menschheit, daß die Vereinigten Staaten die »dunklen Kapitel« ihrer Vergangenheit untersuchten. Während die Deutschen sich täglich mit ihren historischen Verbrechen auseinandersetzen, müssen die Amerikaner den Großteil ihrer eigenen überhaupt erst noch zur Kenntnis nehmen. In der Debatte des amerikanischen Mainstream über Vietnam lautet die einzige Frage, wann die Vietnamesen wohl anerkennen, was sie uns angetan haben.3 Was die Fähigkeit zu kritischer Selbstreflexion angeht, befinden wir Amerikaner uns auf dem moralischen Niveau von Himmlers Posener Rede.

Die zweite zentrale These vonDie Holocaust-Industrie lautet, daß jüdische Eliten Amerikas die Judenvernichtung durch die Nazis ausbeuten, um daraus politischen und finanziellen Gewinn zu ziehen. Wie Karl Jaspers inDie Schuldfrage vorbringt, könne die »Anklage ... nicht wahrhaftig sich vollzieh[en]«, wo sie »im Dienst anderer, etwa politischer oder wirtschaftlicher Zwecke alsWaffe benutzt wird ...«4. Auch wenn die Deutschen ganz klar verpflichtet sind, sich den Schrecknissen der Naziherrschaft zu stellen, haben sie dennoch ein Recht, sich der Ausbeutung dieser Verbrechen zu widersetzen.

InDie Holocaust-Industrie berichte ich, wie amerikanische jüdische Organisationen, Institutionen und einzelne Prominente die Judenvernichtung der Nazis instrumentalisiert haben, um Israel gegen Kritik abzuschirmen und, in jüngerer Zeit, Europa zu erpressen. Als hauptsächliche Kritik gegen das Buch wurde nicht etwa vorgebracht, ich hätte die Fakten falsch dargestellt, sondern mit der Beschreibung dieser koordinierten Unternehmung eine »Verschwörungstheorie« konstruiert. InDer Wohlstand der Nationen meint Adam Smith, Kapitalisten kämen »selten, selbst zu Festen und zur Zerstreuung, zusamm