1. KAPITEL
Vom ersten Augenblick an war ihm klar, dass er sie haben musste!
Sharif bin Nazih al-Aktoum, Emir von Makhtar, hatte gerade noch über den Scherz eines Freundes gelacht, als er sich umdrehte und plötzlich diese Frau entdeckte. Sie stand ganz allein im Mondschein am Ufer des riesigen Comer Sees.
Ihr weißes Kleid leuchtete im silbrigen Licht der Novembernacht, und ihr pechschwarzes langes Haar fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern. Sie hatte ein bildhübsches Gesicht, hielt die Augen jedoch fest geschlossen und formte mit ihren sinnlichen Lippen lautlose Worte.
Sein Gelächter verstummte. War sie ein Geist? Eine Traumerscheinung?
Vermutlich nur ein weiterer Hochzeitsgast! Nichts Besonderes jedenfalls. Andererseits …
Fasziniert starrte er sie an. Gerade eben hatte er sich noch über den Bräutigam lustig gemacht – einen notorischen Playboy, der den Fehler begangen hatte, seine Haushaltshilfe zu schwängern. Die frischgebackene Braut war zwar äußerst attraktiv und schien auch loyal und sehr nett zu sein. Trotzdem würde Sharif selbst sich niemals in eine solche Falle locken lassen. Nicht bis zum bitteren Ende, nicht bis …
Hastig brach er diesen Gedankengang ab und wies mit dem Kinn in Richtung Seeufer. „Wer ist das?“
„Wen meinst du?“
„Die Frau da am Wasser.“
Sein Freund, der Herzog von Alzacar, reckte den Hals. „Ich sehe dort niemanden.“
Zwischen ihnen beiden und der Unbekannten amüsierten sich unzählige Partygäste auf der Terrasse, tranken Champagner und genossen die milde Herbstluft. Die abendliche Hochzeitszeremonie war kurz zuvor in einer mittelalterlichen Kapelle abgehalten worden, und nun wartete man auf den Dinnerempfang.
Wieso konnte sein Freund den schwarzhaarigen Engel nicht entdecken?
„Bist du blind?“, fragte Sharif ungeduldig.
„Beschreib sie mir mal!“
Fast wäre Sharif dieser Aufforderung nachgekommen, aber er biss sich rechtzeitig auf die Zunge. Der spanische Herzog war als unverbesserlicher Schwerenöter verschrien, und Sharif hatte den plötzlichen Impuls, die Fremde vor anderen Männern beschützen zu wollen. Es kam ihm vor, als wäre sie nicht von dieser Welt. Irgendwie magisch … mystisch.
„Egal“, brummte er. „Entschuldige mich.“ Entschlossen steuerte er auf den Pfad zu, der hinunter zum Ufer führte.
„Lass dich nicht vom Mondschein verhexen, mein Freund!“, rief ihm der Herzog von Alzacar lachend hinterher. „Sonst werde ich beim nächst