2. KAPITEL
Überall glitzerte und funkelte es. Die Damen der Gesellschaft trugen kaum mehr als ihre sonnengebräunte Haut und übergroße Diamanten. Fettleibige, schwitzende Herren versuchten hinter ihrem Kummerbund zu verbergen, dass ihnen die Frackhose nach dem reichhaltigen Fünfgängemenü endgültig zu eng war.
Aber diese Leute waren reich und wollten ihr Geld für einen guten Zweck ausgeben. Trotzdem war Georgia froh, nicht mehr in diesen Kreisen verkehren zu müssen. Sie hatte es schon immer gehasst und ganz besonders, wenn sie Brians Kunden bewirten musste. Sie konnte die Heuchelei, Scheinheiligkeit und falsche Freundlichkeit einfach nicht mehr ertragen.
Matthew dagegen war ganz in seinem Element. Ihn unterschied von den anderen Gästen nur, dass ihm sein Frack perfekt passte und dadurch die muskulösen Schultern und schmalen Hüften noch besser zur Geltung kamen. Außerdem schwitzte er kein bisschen. Er unterhielt sich angeregt mal mit dieser, mal mit jener Bekannten und schien sich richtig wohlzufühlen.
Während des Essens hatte er neben Georgia gesessen, aber da ihr Tischnachbar zur Linken sie mit Beschlag belegt hatte, hatten Matthew und sie kaum ein Wort miteinander wechseln können. Schade eigentlich, aber vielleicht war es besser so. Sie interessierte sich jetzt schon mehr für ihn, als gut für sie war. Immer wenn er sich ein wenig zu weit zu einer dieser kleinen, anhänglichen Kletten herunterbeugte, hätte Georgia ihm am liebsten etwas an den Kopf geworfen.
Na, so was! Sie war eifersüchtig! Es war Jahre her, dass sie überhaupt eine Gefühlsregung gezeigt hatte, was Männer anging. Und nun war sie eifersüchtig auf die Frauen, die mit einem ihr an sich völlig Unbekannten sprachen. Das war ja geradezu beängstigend.
„Georgia, meine Liebe, Sie sehen entzückend aus!“
„Danke, Adrian. Sehr freundlich.“ Georgia rang sich ein Lächeln ab und sah zu Adrian Hooper hinauf. Sie wusste, dass er ein Faible für sie hatte. Doch er hielt sich immer an die Spielregeln.
„Ach übrigens, Georgia, war das nicht Matthew Fraser, der während des Essens neben Ihnen gesessen hat?“
Sie war erstaunt. „Ja, kennen Sie ihn denn?“
Adrian Hooper warf lachend den Kopf zurück. „Jeder kennt ihn, meine Liebe. Er ist …“
„Adrian, alter Freund, du belegst mal wieder alle Schönheiten des heutigen Abends mit Beschlag. Willst du mich nicht vorstellen?“
Georgia wurde ganz bang ums Herz. Mit Adrian kam sie immer irgendwie zurecht. Aber dieser Mann schien sie mit Blicken geradezu verschlingen zu wollen – als wäre sie nackt. Es war richtig peinlich, wie er sie von Kopf bis Fuß musterte. Egal, sie wollte hören, was es mit Matthew auf sich hatte.
„Tim Godbold“, stellte sich der Mann vor und hielt ihr die Hand hin.
„Georgia Beckett.“ Sie hatte keine andere Wahl, als die Geste des Mannes zu erwidern, der ihr die Hand für ihren Geschmack ein wenig zu lange schüttelte. „Wofür werden Sie bieten, Mr. Godbold?“
„Sagen Sie doch Tim zu mir.“
„Tim.“ Georgia lächelte gezwungen.
„Ich denke, für die Mitgliedschaft im Golfclub oder das Wochenende auf der Yacht, wenn ich jemanden dazu überreden kann, mit mir zu kommen“, fügte er noch hinzu und sah sie eindeutig zweideutig an.
Ein wenig verlegen nippte Georgia an ihrem Wein und verschluckte sich prompt. Das war ein Fehler, denn sofort klopfte ihr Mr. Godbold mit seinen schweißnassen, unförmigen Händen den bloßen Rücken. Sie war so überrascht, dass sie kein Wort herausbrachte. Mit einer Handbewegung versuchte sie, ihm zu verstehen zu geben, dass es schon wieder gehe. Beinah verzweifelt sah sie sich nach jemandem um, der sie aus der Gesellschaft dieses Unmenschen befreien würde. Da kam ihr Mrs. Brooks, die Vorsitzende des Wohltätigkeitsvereins, zu Hilfe, indem sie die Auktion für eröffnet erklärte.
Der Auktionator klopfte mit seinem Hammer aufs Rednerpult, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden zu gewinnen. In den folgenden zwanzig Minuten wechselten zahlreiche unnütze Dinge zu einem völlig überhöhten Preis den Besitzer, bis der Auktionator wortreich den Höhepunkt der Versteigerung ankündigte. „Meine Damen und Herren, nun habe ich die Ehre, Ihnen unseren Hauptpreis vorzustellen. Die Dienste der gleichermaßen renommierten wie charmanten Gartendesignerin Georgia Beckett. Die Königliche Gesellschaft für Landschaftsgärtnerei hat sie eingeladen, für die nächste Gartenschau in Chelsea ein Areal zu bestellen. Sie, meine Damen und Herren, haben nun die Möglichkeit, einen Tag ihrer kostbaren Zeit zu ersteigern, die Mrs. Beckett Ihnen gern zur Verfügung stellt, um Ihnen Tipps und Anregungen für Ihren Traumgarten zu geben.“
Aus dem Augenwinkel bemerkte Georgia, wie sich Matthew Frasers Rücken straffte. Sie sah ganz zu ihm hinüber und fing seinen entschlossenen Blick auf. Als sie sich abwandte, stellte sie fest, dass Tim Godbold nicht weniger entschlossen zu ihr herübersah.
Die ersten Gebote waren gemäßigt und vernünftig. Aber nach und nach kristallisierte sich heraus, dass der Kampf um den Zuschlag zwischen Matthew Fraser und Tim Godbold ausgetragen wurde. Die anderen Bieter gaben einer nach dem anderen auf, während Matt und Tim die Gebote in immer schwindelerregendere Höhen trieben. Als Tim das Zehnfache von Georgias üblichem Tagessatz bot, wurde es mucksmäuschenstill. Alle warteten gespannt auf Matthew Frasers Gebot, das schließlich so überwältigend hoch ausfiel, dass Georgia peinlich berührt war und Tim Godbold nach kurzem Zögern sein Programmheft auf den Tisch schleuderte und den Saal verließ.
„Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten. Die Dienste unserer wunderbaren Mrs. Beckett gehen an Mr. Matthew Fraser.“ Als der Hammer des Auktionators fiel, ertönte t