KAPITEL 1
Lindinis, A. D. 44,
Festung der Zweiten Legion
Die fahle Wintersonne schob sich über die Palisade der Festung, als Optio Figulus und sein Kamerad, der Legionär Rullus, Richtung Exerzierplatz marschierten. Vor ihnen stand eine schweigende Gruppe Durotriger, die in der eisigen Brise schauderten; einige von ihnen traten heftig auf der Stelle, um die lähmende Kälte abzuschütteln. Beaufsichtigt wurden die Rekruten, die die neue Leibwache des Königs bilden sollten, von einer Handvoll Batavern, die den Hilfstruppen der Garnison angehörten und deren Rüstungen und Helme matt im spärlichen Morgenlicht schimmerten. Der Winter hatte Britannien erreicht, und der zentrale Verbindungsweg innerhalb der Festung war von frisch gefallenem Schnee bedeckt.
»Sieh dir nur diesen elenden Haufen Barbaren an«, murmelte Rullus. Der Veteran stieß ein lautes Schnauben aus und schüttelte den Kopf. »Da ist wohl kaum einer dabei, der wirklich etwas taugt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir sie ausbilden sollen, Herr. Warum wir? Warum die Aufgabe nicht einfach den Batavern überlassen?«
Figulus sah den Legionär an und grinste. Rullus war der älteste Soldat in der kleinen, aus einem halben Dutzend Kämpfern bestehenden Einheit des Optio, die allesamt aus der Zweiten Legion kamen. Figulus und seine Männer waren einige Tage zuvor in Lindinis eingetroffen. Sie waren von der Legion entsendet worden, um dem kaiserlichen Gesandten Numerius Scylla zu dienen. Ihre Aufgabe bestand darin, dem König der Durotriger – einem der kriegerischsten Stämme in Britannien – wieder auf den Thron zu verhelfen. Nachdem Trenagasus einen Mordanschlag überlebt hatte, stand er noch ganz am Anfang bei seinem Versuch, die Macht über seine unruhigen Untertanen zu festigen. Weil die Lage in Lindinis angespannt war und sich so schnell auch kaum bessern würde, hatte der Optio den Befehl erhalten, die neue Leibwache auszubilden, die den König schützen sollte.
Figulus zuckte mit seinen breiten Schultern. »Die Aufgabe ist gar nicht so übel. Besser, als sich den Arsch plattzusitzen und den ganzen Tag Würfel zu spielen.«
»Das mag für dich gelten, Herr«, erwiderte Rullus knurrig. »Ich würde mich lieber einem netten Krug Met widmen, anstatt diesen Schwachköpfen beizubringen, wie man ein Schwert hält. Und wo wir gerade beim Thema sind: Wie ich höre, gibt es einen neuen Weinhändler in der Stadt. Wir sollten ihm später einen Besuch abstatten.« Er nickte in Richtung Lindinis, wo sich mehrere Rundhütten ohne erkennbare Ordnung um die größeren Gebäude gruppierten, welche den königlichen Bezirk bildeten; die Siedlung lag weniger als eine Meile entfernt südlich der Festung. »Es wird verdammt noch mal Zeit, dass es in dieser Jauchegrube einen Ort gibt, an dem man etwas Anständiges zu trinken bekommt.«
Nach seiner Rückkehr