: Julius Stinde
: Die Familie Buchholz - Aus dem Leben der Hauptstadt Humorvolle Chronik einer Familie (Berlin zur Kaiserzeit, ausgehendes 19. Jahrhundert)
: e-artnow
: 9788026844747
: 1
: CHF 1.80
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: Anthologien
: German
: 210
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Die Familie Buchholz - Aus dem Leben der Hauptstadt' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Berlin zur Kaiserzeit, ausgehendes 19. Jahrhundert. Lange Zeit begnügte sich die Berliner Hausfrau Wilhelmine Buchholz mit ihrer sie ausfüllenden Rolle als zweifache Mutter und Ehefrau. Nun entwickelt sie Ehrgeiz, sich als Schriftstellerin einen Namen zu machen. Ihr noch nicht vollendeter Romanerstling 'Familie Buchholz' reflektiert ihr Lebensumfeld, und auch viele ihrer Freunde und Bekannte finden sich dort wieder... Julius Ernst Wilhelm Stinde (1841-1905) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er hat als Autor die folgenden Pseudonyme benutzt: Theophil Ballheim, Dr. Böhm, Wilhelmine Buchholz, Julius Ernst, David Hersch, Homo Monacensis, Julius Neuland, D. Quidam, J. Steinmann. Stindes schriftstellerisches Lebenswerk umfasste Romane, Erzählungen, Theaterstücke, Gedichte, Satiren, Parodien, Übersetzungen und eine Vielzahl von naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Zeitschriftenaufsätzen, von denen nur ein kleiner Teil zu Büchern verarbeitet worden ist. Satirische und parodistische Texte bilden einen hohen Anteil in Stindes Werk. Inhalt: Von Außen Ein Geburtstag Musikalischer Bräutigamsfang Auf der Ausstellung Herr Buchholz hat Zahnschmerzen Spukgeschichten Bei der Sylvester-Bowle Ein magnetischer Thee Im Kremser Ein Polterabend in der dritten Etage Warum wir ins Bad müssen Badeleben Wieder ein Jahresanfang Herrn Bergfeldt's Unglück Der Erstgeborene Auf einen Löffel Suppe Taufe Eine Pfingsttour Sommerfrische Geheimnisse Emmi's Trousseau Der letzte Kaffee Auf dem Bock Hochzeit Nach der Hochzeit Die erste Gesellschaft Onkel Fritzens Weihnachten

Musikalischer Bräutigamsfang.



Sie waren damals so nett und druckten die fatale Geschichte ab, welche auf meiner Emmi Geburtstag passirt war, als die Kinder das alte gräßliche Komödienstück auf dem Puppentheater spielten und ich mich mit der Heimreich erzürnte. Sie ist noch nicht wieder bei uns gewesen und die Krausen von nebenan, die eine sehr verständige Frau ist, meint auch, ich würde mir etwas vergeben, wenn ich den ersten Schritt thäte.

Nun muß ich Ihnen aber erzählen, wie ich neulich überrascht wurde. Ich sitze also und denke an rein gar nichts, als es klingelt und der Postbote kommt und das dazu mit einer Geldanweisung für mich. Erst wollte ich es gar nicht glauben, aber ich mußte ja quittiren und er legte die Goldstücke auf den Tisch. Es war das Honorar für das, was ich für Sie geschrieben hatte; nein, ich hatte es wirklich nicht erwartet und dann so viel, ich war ganz außer mir und fing an zu weinen und die Kinder auch. Das Geld lag auf dem Tisch, ich dachte, es würde vor meinen sichtlichen Augen verschwinden, wenn ich es anrührte, und hätte geglaubt, der Postbote wäre ein Gespenst aus einem Zaubermärchen gewesen, wenn er die Stube nicht so voll getreten hätte.

Mein Mann sagte: »Ich kann ordentlich stolz auf Dich sein, Wilhelmine, das hast Du nun so mit dem Schriftstellern verdient.« – »Karl,« sagte ich zu ihm, »ich bin mitunter wohl etwas heftig gegen Dich gewesen, es soll nicht wieder vorkommen, nein, ganz gewiß nicht.« Er umarmte mich und gab mir einen Kuß und ich mußte wieder anfangen zu weinen. Emmi und Betti klammerten sich an mich, als sie sahen, daß ich mich immer noch nicht beruhigen konnte, und wischten sich auch die Augen. »Laßt gut sein, Kinder,« beschwichtigte ich sie, »es ist ja nur die Freude. Wenn blos die Heimreich das sehen könnte, wie würde die sich ärgern!«

»Was willst Du nun mit dem Gelde anfangen?« fragte mein Mann. – »Das bewahre ich zum ewigen Andenken auf,« antwortete ich, »oder wenn es nicht anders ist, so kaufe ich mir einen neuen Hut dafür, der alte ist durchaus nicht mehr modern. Die Krausen hat sich kürzlich auch erst einen neuen angeschafft.« – Die Kinder meinten auch, es wäre das Beste, wenn ich den Hut kaufte. So gab ich denn ihrem Drängen nach und wir gingen alle drei ins Modemagazin. Weil aber noch ein kleiner netter Rest von dem Gelde übrig blieb, das der Postbote gebracht hatte, sagte ich: »Dafür wollen wir uns einen vergnügten Tag machen. Wir gehen heute Abend ins Konzerthaus bei Bilse; ich setze den neuen Hut auf und Papa holt uns nachher ab.«

Der Jubel von den Kindern war unermeßlich, und weil wir doch einmal unterwegs waren, gingen wir in eine Konditorei und ließen uns Chokolade geben mit Schlagsahne darauf und etwas Angenehmes zum Knabbern dazu. Es war allerliebst. –

Am Abend machten wir uns rechtzeitig auf den Weg, um einen guten Platz bei Bilse zu bekommen. Als wir nun in den Saal treten, sehe ich da bereits eine Freundin von mir an einem Tisch sitzen. Wir gingen heran und begrüßten uns. »Guten Abend, Frau Bergfeldt,« sagte ich, »sieht man Sie auch mal wieder? Nein, und wie ihre Auguste herangewachsen ist, seit ich sie nicht gesehen habe!« – die Bergfeldten meinte auch, daß ihre Tochter sich sehr herausgemacht hätte. – Na, ich sah gleich, daß es nur das Kleid war, welches das Mädchen so groß machte, ganz modern mit Schleppe und Cuiraßtaille und die Haare vorne ins Gesicht herunter gekämmt wie eine Ponnymähne. Bei meinen würde ich so etwas nicht leiden, obgleich der Betti bereits ebensogut solches Kleid passen würde, wie Bergfeldtens Auguste, die freilich schon vor zwei Jahren konfirmirt wurde, aber noch sperrig und ungelenk ist, daß es eine Sünde und Schande ist, sie wie eine Erwachsene zu kleiden. Nun, wer so spitze Ellbogen hat, thut freilich am besten, lange Ärmel zu tragen.

Wir nahmen Platz, aber als Emmi sich neben Auguste setzen wollte, sagte die Bergfeldten, der Stuhl wäre vergeben, ihr Emil käme noch nach. Ich sagte, »es sind ja zwei Stühle frei, an einem wird