Kapitel 1
Lockruf des Geldes
Mittwoch, 4. August
ImCentre Commercial von Brignoles herrschte immer noch Hochbetrieb, obwohl es schon langsam Abend wurde, und die Öffnungszeiten des großenSupermarché sich dem Ende zu neigten. Die Angestellten im Fastfood-Restaurant neben dem Haupteingang des Einkaufszentrums hatten alle Hände voll zu tun, um gerade freigewordene Tische abzuräumen, bevor die nächsten Gäste, von der Selbstbedienungstheke kommend, mit vollbeladenen Tabletts zu den wenigen freien Plätzen drängten.
Es war Hochsommer. Draußen, am Parkplatz vor dem Lokal herrschte brütende Hitze. Die Luft stand still, kein Windhauch regte sich. Die Sonne war zwar schon ein Stück zum Horizont hinab gesunken und spiegelte sich vielfach in den Scheiben der riesigen Glasfront des Gebäudes. Ihre Strahlen brannten nach wie vor unbarmherzig auf die zahllosen Autos nieder und brachten die Luft in den Wageninneren zum Kochen.
Ganz vorne neben der sich automatisch öffnenden und schließenden Glastür saßen zwei Männer an einem schmalen Zweiertischchen. Jedes Mal, wenn neue Kunden das Schnellrestaurant betraten, und die Schiebetüren weit auseinander glitten, umhüllte ein Hitzeschwall die beiden, bis sich nach dem Schließen die angenehme Kühle des klimatisierten Raumes wieder um sie verbreitete.
Sie beobachteten gelangweilt das hektische Treiben im Restaurant. Der eine, ein gedrungenes Kraftpaket, dessen Brustmuskeln sein schwarzes, eng anliegendes T-Shirt bei jeder Bewegung zu beachtlichen Wölbungen formten, nahm einen großen Schluck aus seinem mit Bier gefüllten Pappbecher. Dann beugte er sich über die vor ihm liegende Zeitung –L’Équipe, Frankreichs meistgelesenes Sportjournal. Der Zeigefinger seiner rechten Hand fuhr die zahlreichen und mit kleinen Zahlen bedruckten Tabellen entlang. Schließlich stoppte er. Verärgert kratzte er sich mit der linken an seinem kahlgeschorenen Kopf.
„Schon wieder nichts! Immer muss der Falsche siegen.“
„Was’n los, Luc?“, fragte sein Gegenüber und zog die Zeitung näher zu sich. „Hat dein Gaul wieder nicht gewonnen?“
Suchend glitten seine Augen über die aufgeschlageneSPORTHIPPIQUE-Seite des Blattes. Die unzähligen Namen und Zahlen sagten ihm eigentlich nichts, denn er hatte mit Pferderennen nichts am Hut. Der Zeigefinger seines Freundes lag auf einer Tabelle mitten im Blatt. Es handelte sich um die Ergebnisse des großen TrabrennensGrand National du Trot in Marseille-Borély vom Vortag.
„Vierter ist er geworden, und ich hab auf Sieg gesetzt –merde, merde!“
„Ach, ärgere dich nicht. Das nächste Mal gewinnst du wieder. Komm, trinken wir noch eins.“
Er stand auf, nahm seinen Pappbecher und wartete bis sein Freund ausgetrunken hatte. Dann ging er zur Theke. Im Vorbeigehen drückte er die beiden Becher durc