: Ahmad Mansour
: Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104035925
: 1
: CHF 10.00
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
*** Über die Ursachen des Islamismus und Wege aus der Radikalisierung - DAS Buch zur aktuellen Debatte des Islamexperten und Psychologen Ahmad Mansour *** Warum zieht es Jugendliche in den Dschihad? Ist der Islam verantwortlich für den Terror? Und wie können wir uns dem religiösen Extremismus stellen? Bislang stehen Politik, Gesellschaft und besonders die Schulen diesen Fragen hilflos gegenüber. Kein Wunder, denn die Debatten werden falsch geführt, wie der renommierte Psychologe und Islamexperte Ahmad Mansour nachdrücklich zeigt. Mansour beantwortet diese Fragen mit beeindruckender Klarheit und Reflexion. Denn keiner kennt wie er beide Seiten. Bevor er den mühsamen Ausstieg schaffte, war er selbst radikaler Islamist. Jetzt arbeitet Ahmad Mansour in Berlin als Psychologe und betreut Familien von radikalisierten Jugendlichen. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen und seiner konkreten Präventionsarbeit zeigt er beeindruckend, dass eine Deradikalisierung möglich ist und plädiert für eine Reform des praktizierten Islam.

Ahmad Mansour, geboren 1976, ist arabischer Israeli und lebt seit 2004 in Berlin. Er ist Diplom-Psychologe und arbeitet für Projekte gegen Extremismus, zum Beispiel begleitet er Familien von radikalisierten Jugendlichen, Aussteiger und verurteilte Terroristen. Zudem engagiert er sich unermüdlich gegen Antisemitismus. 2015 erschien sein Bestseller »Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen«, 2018 »Klartext zur Integration. Gegen falsche Toleranz und Panikmache«. Zum Thema Salafismus und Antisemitismus hat er zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt und in vielen Talkshows mitdiskutiert. Anfang 2018 gründete er Mind Prevention (Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention). Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Moses-Mendelssohn-Preis zur Förderung der Toleranz, den Carl-von-Ossietzky-Preis, den Theodor-Lessing-Preis, den Menschenrechtspreis 2019 der Gerhart und Renate Baum-Stiftung sowie 2022 das Bundesverdienstkreuz am Bande. 

Nur die Spitze des Eisbergs?


Beinahe täglich erreichen uns Meldungen über die Verbrechen des Islamischen Staates. Der radikale Islamismus hat durch die Gewalttaten dieser Terrorgruppe eine neue Dimension erreicht. Kaum ein anderes Thema beschäftigt uns derzeit so intensiv – und es ist, leider, nicht anzunehmen, dass es damit bald ein Ende haben wird. Es steht außer Zweifel, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Aber wie soll diese Auseinandersetzung auf fruchtbare Weise geschehen? Wie kann sie zu Ergebnissen führen, die langfristig helfen?

Natürlich ist uns seit langem klar, dass wir auch in Deutschland von der Gefahr des islamischen Radikalismus betroffen sind. Und das nicht nur, weil die Möglichkeit von innereuropäischen Anschlägen immer präsenter wird und mit den Attentaten von Paris im Januar2015, jenem in Kopenhagen oder auch dem Terror in Brüssel im Jahr zuvor eine grausame Aktualität bekommen hat.

Betroffen sind wir aber vor allem deshalb, weil der Islamismus auch bei uns Wurzeln schlägt. Vor den Schulen und in Fußgängerzonen werben Salafisten für ihre Sache – und ihre Propaganda zeigt Wirkung.

Die Anzahl junger Menschen, die bereit sind, für ihre radikalen Überzeugungen in den Krieg zu ziehen, steigt beständig. Die offizielle Schätzung, wonach knapp700 junge Männer und Frauen von Deutschland aus in den Dschihad gezogen sind, ist ganz sicher zu niedrig. Man muss momentan mindestens von einer Zahl zwischen1500 und1800 ausgehen. Auch die Zahl der Salafisten ist gestiegen. Sie liegt derzeit meiner Einschätzung nach bei etwa10000 Menschen. Das sympathisierende Umfeld ist aber noch um ein Vielfaches größer.

Wenn wir also von Radikalen reden, dann sollten wir zunächst einmal fragen: Von wem genau sprechen wir da überhaupt? Meiner Ansicht nach muss man, wenn man auf die Radikalen blickt, zwischen drei Gruppen unterscheiden: Ganz oben stehen Gruppierungen wie Al-Qaida und derIS, deren Schreckenstaten wir auch in Europa bei Anschlägen wie in Paris oder Kopenhagen erleben. Zu diesen extrem gefährlichen und gewalttätigen Gruppierungen gehören ebenfalls Boko Haram, die in Nigeria unglaubliche Gräuel verüben, oder Al Shabaab, die in Somalia wüten, die Hamas und die Hisbollah.

Eine Stufe darunter stehen die Muslimbrüder. Auch ein Islamverständnis, wie es der türkische Staatspräsident Erdoğan vertritt, gehört in diese Kategorie.

Sehen müssen wir vor allem aber, was ganz unten in dieser Pyramide das Fundament bildet. Das nämlich sind diejenigen, die ich die Generation Allah nenne. Menschen, die unter uns leben, Jugendliche, die vielleicht sogar den Salafismus ablehnen, deren Denken und mitunter auch Handeln aber nicht mit den Werten unserer Gesellschaft übereinstimmen und nicht mit der Demokratie vereinbar sind. Diese Generation Allah bildet die Basis für den Radikalismus. Und diese Basis ist breit.

Wenn ich in diesem Buch von der »Generation« Allah spreche, dann meine ich diejenigen, die vielleicht nicht im Fokus des Verfassungsschutzes sind, weil sie sich nicht durch gewalttätige Aktionen oder explizit antidemokratisches Verhalten als Gefährdung für unsere Gesellschaft offenbart haben, für die aber ideologische Inhalte und Werte Teil ihrer Identität geworden sind. Mitunter mögen es nur Teilideologien sein, aber bereits diese legen den Grundstein für ein Denken, das allzu leicht in Islamismus umschlagen kann.

Mit all jenen, die Geschlechtertrennung befürworten, die Gleichberechtigung ablehnen, die an Verschwörungstheorien glauben, die antisemitische Einstellungen haben, die jeden Zweifel und jedes Hinterfragen des Glaubens ablehnen, die an einen zornigen Gott glauben, der Ungläubige mit der Hölle bestraft, mit all jenen, die Andersdenkende abwerten, müssen wir uns auseinandersetzen, auch wenn sie sich nicht explizit zum Islamismus bekennen.

Gefährlich sind auch jene schleichenden Prozesse der Radikalisierung, die unsere Gesellschaft unterwandern. Von den Sicherheitsbehörden wie auch in der allgemeinen Wahrnehmung werden sie unterschätzt, weil sie sich nicht explizit eines Jargons der Gewalt bedienen. Demokratiefeindlich sind die von diesen Radikalen propagierten Inhalte aber dennoch. Auf diese Weise bereiten sie den Nährboden für Extremismus, und genau das müssen wir bekämpfen. Wenn wir erst dort ansetzen, wo der Islamismus sich in gewalttätigen Aktionen zeigt, haben wir berei