Der Grund
Der Grund, warum ich dieses Buch schreiben kann, war ein Stück Grund, das mein Mann und ich 1987 erwarben, um ein Haus darauf zu bauen. Dieses Grundstück war bis dahin eine Wiese ohne Büsche und Bäume gewesen, die zweimal im Jahr gemäht wurde und auf der junge Ochsen nach dem Almabtrieb im Herbst, je nach Witterung, noch ein bis zwei Wochen grasten.
Ein Stück Hangwiese in den Alpen, auf ungefähr 800 Meter Seehöhe, bildete also den Grundstock für einen Garten, wie ich ihn mir seit langem erträumt hatte. Doch war es weder in Wien noch in dem Gestüt im Marchfeld, wo ich von 1970 bis 1977 lebte, je dazu gekommen. Aus verständlichen Gründen. Die Wiener Wohnung befand sich, das Mezzanin eingerechnet, im vierten Stock und hatte nicht einmal einen Balkon. Im Marchfeld lag es an den Pferden, die jeden meiner Pflanzversuche innerhalb kürzester Zeit zunichtemachten. Immer wieder gelang es einem oder einer ganzen Gruppe von ihnen, aus den Koppeln auszubrechen und sich über die bescheidenen Resultate meiner ziemlich dilettantischen Bemühungen herzumachen.
Das Einzige, was ich bis zur Essbarkeit über die Runden brachte, war eine äußerst bittere Radicchiosorte, Objekt meiner Schwangerschaftsgelüste, das selbst die Pferde verschmähten.
Anfang Juli 1988 konnten wir schließlich einziehen. Das Haus war zwar noch nicht fertig, aber einigermaßen bewohnbar. Eigentlich war es als Ferienhaus gedacht. Mein Sohn war fünfzehn und ging noch in Wien zur Schule, mein Mann arbeitete in München. Es war also keine Rede von dauerhafter Bleibe, was sich mit den Jahren, zumindest für mich, ändern sollte.
Während ich noch auf die Möglichkeit eines eigenen Gartens wartete, hatte ich jede Menge Bücher zu Rate gezogen. Das Grundstück fiel an der Ostseite des Hauses steil ab, an der Südseite neigte es sich eher gemächlich, im Westen verlief die Grenze zu nahe am Haus, und die einzige einigermaßen gerade Fläche befand sich an der Nordseite. Als es dann tatsächlich darum ging, einen Garten anzulegen, wäre ich auf Praxis angewiesen gewesen, die mir aber rundum fehlte.
Ich war zwar in einem großen Garten, der sogar von einem eigenen Gärtner betreut wurde, und in dieser Gegend aufgewachsen, aber das half mir nicht wirklich weiter. Es blieb nur die Methode vontrial and error, die ich auch gehörig nutzte, indem ich meiner Phantasie entsprechend Raum ließ. Dabei verliefen dietrials der vielenerrors wegen (Überschätzung, Unterschätzung, schlichte Unwissenheit und unerfüllte Erwartungen) bei weitem nicht immer so, wie ich es mir gedacht hatte.
Es war die Zeit des aufkommenden Biogärtnerns, das in Büchern wie »Der Biogarten« von Marie-Luise Kreuter und der Zeitschrift »Kraut und Rüben« propagiert wurde. Dazu versorgte einen der damals noch als Geheimtipp für Eingeweihte geltende Wolf-Dieter Storl (meine Initiation erfolgte über sein bereits 1982 erschienenes Buch »Der Garten als Mikrokosmos«) mit der notwendigen Mythologie zu den notwendigen Kenntnissen.
Als promovierter Ethnologe, der auch einige Semester Botanik studiert hat, versucht Storl seinen Lesern das Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze anhand von Sagen, Mythen, Überlieferungen von Naturvölkern, aber auch vonSehern wie Rudolf Steiner oder Dorothy Maclean aus Findhorn näherzubringen, wie er auch noch in der Einleitung zu seinem 1997 erschienenen Buch »Pflanzendevas – Die Göttin und ihre Pflanzenengel. Heilkunde, Kulturgeschichte, Mythologie und Religion der Völker« erklärt. Nämlich einerseits als Märchen für Erwachsene und andererseits mit seiner Erfahrung als Pflanzenkenner und Gärtner. Dabei nähert sich seine Erzählhaltung immer mehr der eines Schamanen an. Man kann das mögen oder nicht, jedenfalls stellt Storl eine große Anzahl an Querverbindungen zwischen den einzelnen Kulturen und der Rolle, die Pflanzen in ihnen spielten und spielen, her.
Wenn ich ihn recht verstanden habe, geht es ihm in Wirklichkeit darum, die Koevolution von Pflanze und Mensch mit all ihren Wechselwirkungen, gegenseitigen Zugeständnissen und Abhängigkeiten in einer Sprache z