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Die Abendsonne stand tief und reflektierte sich in allen ihr zugewandten Scheiben und Spiegeln. Nach einem warmen Frühlingstag versprach ihr tiefes Rot auch für den nächsten Tag schönes Wetter. Jetzt allerdings sank die Temperatur rapide und an den Ufern von Bächen und Flüssen zogen erste Nebelschwaden auf.
Der Feierabendverkehr auf der A9 zwischen München und Ingolstadt steigerte sich in beiden Richtungen von Minute zu Minute. Dementsprechend zuckelte die Kolonne immer gemächlicher an ihnen vorbei, die Gesichter der Fahrer von Ungeduld geprägt. Jeder strebte verständlicherweise nach getaner Arbeit nach Hause und jede Sekunde, die man später als üblich aus der Arbeit gekommen war, rächte sich nun. Schon jetzt war schwer einzuschätzen, wie lange man an diesem Abend bis München brauchen würde.
Zufrieden über das erfolgreiche Ergebnis klappte Linus Gruber den Kofferraumdeckel zu und reichte seinem Gegenüber das Brett mit dem darauf eingeklemmten Formular, auf dem er die erfolgte Reparatur dokumentiert hatte. Nur noch eine Unterschrift, dann war alles erledigt.
Vor einer halben Stunde hatte der Fahrzeughalter genervt beim Autoclub angerufen und um Hilfe gebeten. Zu dessen Glück hatte Linus nicht allzu weit entfernt gerade einen Einsatz zu Ende gebracht, so dass er trotz des dichten Verkehrs in kurzer Zeit den ausgerechnet auf der Abbiegespur liegengebliebenen Wagen erreicht hatte.
»So, alles in Ordnung, Ihr Auto läuft wieder.«
Erleichtert setzte der korpulente Geschäftsmann seine Signatur unter die Daten, die Linus mittels der Mitgliedskarte eingetragen hatte, und schnaufte schwer atmend: »Bin ich froh, dass es euch gibt. Ich hätte nicht gewusst, was ich sonst machen sollte.«
Die meisten Menschen, denen die Orangen Engel der Straße halfen, reagierten ähnlich. Manche steckten ihnen sogar ein Trinkgeld zu, obwohl die Straßenretter dieses laut ihrem Arbeitsvertrag eigentlich nicht entgegen nehmen durften. Aber wer sollte das kontrollieren?
Mi