: Jörg Kastner
: 1918 - Geheimakte Romanow Band 2: Ziel: Sibirien
: hockebooks: e-book first
: 9783957510051
: 1
: CHF 3.60
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 131
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Band 2 von Jörg Kastners abenteuerlichen Saga über eine große Liebe in den Wirren des Ersten Weltkriegs und das tragische Ende der Zarenfamilie Romanow: 1918 - der Erste Weltkrieg tobt. Rochus Dorn hat einen Geheimauftrag von Kaiser Wilhelm persönlich übernommen: Er führt das Luftschiff Adler in Richtung Sibirien. Dort soll er die von den Bolschewisten gefangen gehaltene Zarenfamilie befreien. Zu den in Jekaterinburg Festgehaltenen gehört auch Dorns große Liebe Lisette, Gouvernante der Zarenkinder. Als sich zwischen Lisette und Fjodor Katkow, dem die Aufsicht über die Gefangenen obliegt, tiefe Gefühle entwickeln, setzen die Bolschewisten den finsteren Jakow Jurowski als neuen Aufseher ein. Der hasst die Zarenfamilie und trachtet nach ihrem baldigen Tod. Wird der Adler das Ziel Sibirien rechtzeitig erreichen, um das Schlimmste zu verhindern? Die Trilogie »1918 - Geheimakte Romanow« besteht aus folgenden Bänden: - Band 1: Das Haus der Verbannten - Band 2: Ziel: Sibirien - Band 3: Die Frau aus Russland

Jörg Kastner, geboren in Minden an der Weser, war bereits als Kind und Jugendlicher ein begeisterter Leser mit einem Hang zu den Klassikern der Abenteuer- und Spannungsliteratur. So fiel es ihm nach erfolgreichem Jurastudium nicht schwer, sich gegen eine juristische Karriere zu entscheiden und den Beruf des Schriftstellers zu ergreifen. Genaue Recherche und die Kunst, unwiderstehlich spannend zu erzählen, zeichnen seine Romane aus. Bislang in fünfzehn Sprachen übersetzt, sind seine Bücher auch im Ausland sehr erfolgreich. Zu seinen größten Erfolgen zählen die mehrbändige Germanensaga um den Cheruskerfürsten Arminius und seinen Waffenbruder Thorag, der Rembrandt-Roman »Die Farbe Blau« und seine mit dem Roman »Engelspapst« beginnende Reihe von Vatikanthrillern. Jörg Kastner lebt mit seiner Frau, der Schriftstellerin Corinna Kastner, in Hannover.

Kapitel 8


Jekaterinburg

Wenn er schlief, dann sehr unruhig, trotz seiner Müdigkeit und Erschöpfung. Oft weckten ihn Schmerzen, oder es waren die Ratten, die Appetit auf sein warmes Fleisch verspürten. Manchmal rissen ihn aber auch Schritte aus dem Schlaf und dann stieg die Angst in ihm hoch. Das waren die Momente, in denen er den Atem anhielt und auf das Hallen der Schritte lauschte, in der Hoffnung, die Männer da draußen würden nicht vor seiner Tür stehen bleiben, würden ihn nicht zu einem weiteren Verhör abholen und in jenen kahlen Raum bringen, wo Jakow Jurowski an ihm erprobte, wie viel Schmerz und Demütigung ein Mensch ertragen konnte.

Und immer war Ungewissheit dabei. Mal drückte Jurowski die Holzstifte unter seine Fingernägel und, als die sämtlich abgefallen waren, auch unter die Zehennägel. Dann wieder rührte der Tschekist ihn nicht an, sondern sprach ruhig auf ihn ein, malte ihm aus, was für ein Schicksal auf Katkow wartete, wenn er nicht seine weißen Mittelsmänner in Jekaterinburg preisgab. Es war eine erprobte Foltermethode der Tscheka, körperliche Qualen mit seelischen zu verbinden.

Als ihn wieder Schritte weckten, wusste er nicht, ob sie zu seiner Zelle führten und, falls ja, ob er nur verhört oder körperlich misshandelt werden sollte. Er wusste nichts, nicht einmal, ob er seit drei, vier oder fünf Tagen gefangen gehalten wurde, ob es Tag oder Nacht war. Seine Welt war der Keller unter dem Hotel Amerika und Tageslicht gab es für ihn nicht.

Katkow kauerte still auf dem Boden und lauschte. Die Schritte klangen ungewöhnlich leise. Er hoffte schon, die Soldaten bewegten sich von ihm weg. Aber dann erstarb das Schrittgeräusch von einer Sekunde zur anderen. Er hörte das Schaben des Riegels und das Geräusch eines im Schloss herumgedrehten Schlüssels – an der Tür seiner Zelle!

Er drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand und starrte ängstlich auf die Türöffnung, die von der schummrigen Beleuchtung auf dem Gang in ein gelbliches Viereck verwandelt wurde. Der Schatten eines Mannes füllte das Viereck aus und trat zögernd näher.

Katkow musste sich erst wieder an das Licht gewöhnen. Erst sah er nur, dass der andere die Uniform eines Rotarmisten trug. Dann erst konnte Katkow die Gesichtszüge erkennen. Es war ein junger Mann mit rötlichem oder blondem Haar; genauer ließ es sich bei dem schlechten Licht nicht feststellen. Das Gesicht eines Bauern, dachte Katkow und überlegte gleichzeitig, wo er das Gesicht schon gesehen hatte.

»Seien Sie bitte leise, Genosse Katkow«, flüsterte der Rotarmist und sah ihn beschwörend an. »Niemand darf uns hören!«

Das waren unerwartete Worte. Erstaunt blickte Katkow den jungen Soldaten an und plötzlich wusste er, wen er vor sich hatte. Dieser Mann gehörte zu den Wachen im Ipatjew-Haus und hatte mehrmals Lisette ins Hotel Amerika begleitet. Er war es auch gewesen, der die als Lisette verkleidete Anastasia zu ihm gebracht hatte.

Jetzt erst wurde Katkow bewusst, dass der Soldat allein gekommen war. Sonst erschienen sie immer zu zweit oder zu dritt, um ihn zu Jurowski zu bringen.

»Was wollen Sie?«, fragte Katkow.

»Sie hier herausholen, Genosse Katkow.«

»Aber … warum?«

»Das erkläre ich Ihnen, wenn wir in Sicherheit sind. Können Sie gehen?«

Katkow nickte und erhob sich. Sofort fing sein linker Fuß, den Jurowski sich beim letzten Verhör vorgenommen hatte, höllisch an zu schmerzen. Er unterdrückte den drängenden Wunsch, sich wieder hinzusetzen und den Fuß nicht länger zu belasten.

Der Soldat hielt ihm ein Paar eiserne Handfesseln hin. »Legen Sie die an!«

Erschrocken starrte Katkow auf die Kette mit den beiden Ringen. »Ich dachte, Sie wollen mir helfen …«

»Keine Sorge, es ist nur für den Notfall. Falls man uns sieht, hält man Sie mit den Fesseln hoffentlich für meinen Gefangenen.«

Zögernd griff Katkow nach den Handfesseln und legte sie sich an. Dabei bemerkte er, wie ein entsetzter Ausdruck auf das Gesicht des Soldaten trat. Kein Wunder, der Blick des Rotarmisten war auf Katkows verstümmelte Finger gefallen.

»Ein Geschenk der Tscheka, überreicht vom Genossen Jurowski«, sagte Katkow.

»Tut das nicht weh?«

»Do