Die zerbrechliche Waschschüssel
Wir begeben uns auf die Reise nach Wien zwischen 1846 und 1850, in die Geburtsklinik des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, und beginnen bei einer Waschschüssel. Sie steht noch heute in der Sammlung des Josephinums, des Museums für Medizingeschichte in der Währinger Straße im 9. Bezirk von Wien. Sie wirkt bescheiden und alltäglich. Eine Waschschüssel eben. In jenen fünf Jahren, die Gegenstand dieses Buches sind, wurde diese Waschschüssel zu einem heftigen Streitobjekt. Sie bewirkte Hoffnungen, Ängste, Instrumentalisierungen von Personen, Entlassungen und politische Kämpfe. Sie diente Ignaz Semmelweis zur Verbreitung der Handdesinfektions-Methode für Ärzte.
Dieses Buch gibt einen Überblick, wofür diese Waschschüssel noch steht und was sie uns eigentlich verdeutlichen kann, außer dass Händewaschen ein wesentlicher Teil unseres, nicht nur medizinischen, Alltags geworden ist. Die Waschschüssel von Semmelweis verbirgt den »Fall Semmelweis«, eine gewachsene und verwachsene Kontroverse, dessen Geschichte wir erzählen wollen. Denn der Fall Semmelweis ist keinesfalls ein lediglich historischer Konflikt. Er steht für alles, womit sich jede neue Erkenntnis herumschlagen muss. Zunächst bringt der Fall die zweischneidige Waffe der Medizin zum Vorschein, welche immer wieder ans Tageslicht kommt, wenn neue Erkenntnisse kundgemacht und diskutiert werden. Der Blick in die Geschichte der Medizin zeigt, dass dies keinesfalls ein Zeichen der modernen hochtechnologischen Zeit ist, sondern dass die Medizin, praktisch seit jeher, nicht nur heilt, sondern auch fortschreiten will, und genau auf diesem Weg begeht sie folgenreiche Fehler. Sie ringt um die Wahrheit, und so sind Fehler oft ein fester und logischer