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»Gottfried, komm sofort her!«
So was, jetzt ist er mir ausgebüxt. Reißt mir einfach die Leine aus der Hand!
»Kommst du wohl sofort her!«
Nein! Jetzt rennt er auch noch auf die Baustelle! Wie ist er denn nur da reingekommen, dick, wie er ist? Sind doch überall Zäune drum herum, jetzt nach Feierabend. Hoffentlich bleibt er nicht mit der Leine hängen. Nee, nee aber auch, dieser Hund!
»Gottfried!«
Ach, nützt alles Rufen nichts, der hört heute einfach nicht. Was hat der nur, ist doch sonst so gut erzogen.
Ich gucke durch die Lücke im Bauzaun. Da scharrt er wie verrückt in einem Erdhaufen rum. Lass das doch, Hund, nachher fällt dir ein Stein auf den Kopf, und was sage ich dann Frau Tietjen? Wenn dem was passiert! Da ist doch diese tiefe Grube, wenn er da reinfällt, kommt er ja alleine nicht wieder raus.
»Gottfried, komm schon, eine Baustelle ist doch nichts für dich. Mit dem Zeug überall. Nun komm endlich. Muss ich erst böse werden?«
Spar dir den Atem, Waltraud, der will nicht, den musst du schon holen. Nur wie? Ich ruckele an dem Bauzaun. Muss ja irgendwie aufgehen, die Bauarbeiter klettern schließlich auch nicht drüber weg. Ist sicherlich verboten, aber wenn ich aufpasse, wo ich hintrete, passiert schon nichts. Ich muss doch den Hund holen. Mit Mühe hebe ich den Zaun ein Stück an, jetzt kann ich ihn aufschieben. Reicht ein Spalt, ich bin ja dünn. Mager nennt Frau Groote das, ich soll mehr essen, aber … Waltraud, der Hund.
Vorsichtig zwänge ich mich durch die Lücke, nur nicht hängen bleiben, sonst zerreiße ich mir den schönen Rock. Dazu kommt es noch, wegen dem ungehorsamen Köter.
»Gottfried!«, schimpfe ich. Er hebt die erdverschmierte Schnauze und lächelt, ich wette es, er lacht mich aus.
»Unverschämter Hund, willst du …!«
Was hat der denn da? Was hat der denn da ausgebuddelt, was Weißes, Langes! Das sieht aus wie, nein, das glaube ich nicht, das sieht ja aus wie ein Knochen! Ein großer Knochen!
Entsetzt greife ich mir an den Hals, damit ich nicht schreie. Jetzt schnappt er mit seinen scharfen Zähnen nach dem Ding und schleift es zu mir her.
»Gottfried!«, wimmere ich. »Mein Gott! Was hast du denn da?«
Ich wage es kaum, hinzusehen, aber Gottfried wirft mir dieses Etwas vor die Füße und wedelt heftig mit dem Schwanz. Er bellt vor Begeisterung, springt hin und her, will eine Belohnung. Aber das geht doch nicht,