»Prozeß des Menschen gegen Gott«. – Der Jüngere protestiert. Er findet die eben vorgetragene Schilderung der Welt völlig weltfremd, weil in ihr das Übel und Unglück der Existenz keinen Platz findet. Er läßt eine lange Anklagerede vom Stapel. – Als Beweismaterial werden historische Ereignisse herangezogen. Die Bibel demonstriert an einem Mustervolk, daß alles menschliche Mühen zu nichts führt. Ganz allgemein sprechen Alter, Krankheit und Tod gegen die Güte dieser Welt und gegen Güte in einem etwaigen Urgrund der Welt.
DER JÜNGERE
Es gab mir neulich – um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen – einen Stoß, ja einen Stoß, den ich noch jetzt spüre, als Sie endeten, und wie Sie endeten. Denn ich saß da und wartete, daß Sie anfingen. Aber es war Ihr Ernst. Sie sagten nichts mehr.
DER ÄLTERE
Was erwarteten Sie?
Es ist also wirklich wahr: Sie haben geendet. Das war das Ende. Es ist mir ein Erlebnis. Seien Sie mir nicht böse. Aber jetzt kann ich nicht schweigen.
Ich weiß nicht, was Sie im Auge haben, was Ihnen fehlt. Aber wir werden uns ja noch öfter unterhalten. Ich habe wirklich noch nicht geendet.
Immerhin, die Hauptsache, das, was Ihnen die Hauptsache an dieser wunderbaren, mir scheint mehr wunderlichen Welt zu sein scheint, haben Sie gesagt. Sie geben es zu. Verzeihen Sie, wenn ich unkonventionell spreche. Aber ich finde Ihr Bild von der Welt ruchlos und herausfordernd. Wissen Sie denn nicht, vergessen Sie, in welcher Zeit wir leben? Habe ich nötig, Sie auf das Leben aufmerksam zu machen, in das wir hineinverflucht sind? Von Schönheit und Ordnung zu sprechen, während die Welt in allen Fugen kracht, während Landschaften verwüstet werden, Zehntausende verstümmelt herumlaufen und ganze Völker in Höhlen wohnen und hungern? Es soll Schönheit in der Welt geben, aber der Krieg hat soviel Blinde gemacht, die nichts von ihr wahrnehmen. Und wenn Sie gar die Toten fragen würden, so seien Sie froh, daß sie nicht antworten. Sie haben’s geschafft, sie haben Ihrer vollkommenen Welt endgültig den Rücken gekehrt.
Wir haben noch nicht zu Ende gesprochen.
Das Kapitel Mensch steht noch vor uns.
Nun, dann wird ein anderer, ein echter Ton in Ihre Musik kommen, in die Sphärenmusik, hoffe ich. Dann werden wir von einer andern Wahrheit hören, welche eine schrille Dissonanz gibt.
Ich sage Ihnen voraus: ich werde den Urgrund wegen seiner Welt und auch wegen des Menschen nicht weiß zu waschen haben. Ja, ich sage Ihnen voraus: wir werden den Urgrund, wenn wir ihn schon gefeiert und gerühmt haben, dann noch mehr feiern, wenn wir von der Entzweiung der Welt und vom Menschen sprechen.
Wenn wir vom Menschen sprechen, feiern?
Was starren Sie mich an?
Weil ich nichts verstehe.
Sie treten, Herr Staatsanwalt, in dem ältesten Prozeß auf, im Prozeß des Menschen gegen Gott. Es ist legitim, daß Sie sich jetzt melden, jetzt, nachdem wir die stumme Welt betrachtet hab