: Roland Reitmair
: Innergebirg Roman
: Styria Verlag
: 9783990401903
: 1
: CHF 2.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 132
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das ist die skurrile Geschichte eines Wanderers, der bei einem Bergunfall sein Gedächtnis verloren hat und auf der Suche nach seiner Vergangenheit ist ... Arthur, der Protagonist der Geschichte, erwacht mit Gedächtnisverlust und versucht, sich in der 'neuen' Welt zu orientieren. Zuvor wurde das schwer verletzte Opfer eines Bergunfalls in einem Kloster durch die kundigen Hände von Nonnen wiederbelebt und gerettet. Doch Arthur ist skeptisch, ob er den Mitmenschen vertrauen darf. Arthur beginnt mit der Suche nach sich selbst, seiner Identität, seinem Leben. Immer weiter weg und höher hinein ins Gebirge führt diese Suche, doch wirklichen Antworten auf seine Fragen bleiben im Dunkel der vergessenen Vergangenheit. Durch Begegnungen mit Robert, einem Wilderer, mit Seifert, einem Bergmann, und Helena, einer Biwakwirtin, bestärkt, gibt Arthur seiner unbestimmten Ahnung nach und beschließt in die Nordwand des Gebirges einzusteigen, um dort entweder Antworten oder aber Erinnerungen zu finden.

Roland Reitmair, geboren 1973, aufgewachsen in Böckstein, absolvierte nach Reifeprüfung, College und Lehre als Keramiker die Ausbildung zum AMS-Berater. Seit 2004 fest verwurzelt in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark Kalkalpen. Mit 16 erste lyrische Gehversuche, 2004 erschien sein Roman 'heimkehr', 2010 folgte der Roman 'SplitterNacht'. Weitere Veröffentlichungen: 'Niederbügeln und entfalten', Lyrik (2005), 'von einem der auszog Wels zu erfahren' (2005) sowie zahlreiche Nachdichtungen und Übersetzungen vorwiegend englischen Liedgutes (Schwerpunkt Bob Dylan). Zuletzt bei Molden: 'Jede Arbeit macht Spaß'.

I


„Gib ihm das auch noch“, hallte eine weit entfernte, fremde Stimme, „zur Vorsicht.“

Kurz war ein metallisches Kratzen zu hören und ein kleiner Löffel schob sich zwischen Arthurs Lippen. Er schluckte unwillkürlich.

„Das sind ziemlich schlimme Verletzungen“, erklärte die Stimme weiter, während sanfte Finger an seiner Halsschlagader vorsichtig den Lebensfluss prüften. „Wir müssen uns beeilen, das Mittel wirkt bald und seine Kraft, sein Wille lässt nach … Komm. Jetzt: entweder – oder.“

„Was hast du ihm gegeben?“ fragte die gleiche Stimme.

Aber es war unlogisch.

Das konnte nicht nur eine Person sein, warum sollte sie sich selbst fragen, was sie verabreichte?

Auf Arturs Lidern lag eine unmenschliche Schwere. Er konnte nicht einmal blinzeln, geschweige denn schauen, was hier vor sich ging.

Er versuchte seine Finger zu bewegen. Es gelang nicht.

Nur das eine Ohr schien der Stimme um vieles näher zu sein als das andere und funktionierte vertraut. Es hörte. Laute formten sich zu Wörtern und es gelang Arthur, dem Sinn zu folgen.

Irgendwas brannte höllisch. Aber wo? Unten. Brustkorb, oder noch weiter weg. Wo genau, blieb ihm verborgen.

Sein Mund war so trocken.

„Ist da Bilsenkraut dabei?“ fragte die Stimme wieder.

„Ja. Er fällt jetzt in eine Art Wachkoma, dann müssen wir schnell sein“, antwortete sie sich selber in gleicher Tonlage.

„Es ist ein spezieller Sirup mir Kamille, Mandragora, Teufelskralle und Honig. So ist das besser verträglich.“

Manche Worte wiederholten sich unnatürlich oft und verebbten in einem mehrfachen Echo.

Das Rezept wollte Arthur aufschreiben. Es klang interessant. Was auch immer mit Honig, er mochte Honig.

Der Stift, seine Reisenotizen? – Es war ihm dann doch egal. Es brannte. Lichterloh brannte es. Unten im Brustkorb. Mittendrin.

„Hier, schneid die Hose auf, schneid das ganze Hosenbein ab.“ Hosen Bein ab. Bein ab. ab. Die Silben verlangsamten, wie in Zeitlupe.

Es säbelte an seinem Unterschenkel.

„Sieht nicht gut aus, das geht bis auf den Knochen … Wir müssen das gut desinfizieren, wo ist der Alkohol mit Johanniskraut?“

Ein hoher, gellender Ton überlagerte mit einem Mal alles Gesprochene, klang nach einiger Zeit aber wieder ab und hinterließ ein beruhigendes Rauschen.

Schlecht erzogen erschien Arthur ein kleines Mädchen, das auf seinem Knie saß und immer wieder mit irgendwas Spitzem seinen Unterschenkel malträtierte.

„Kannst du das Hemd da auf seiner rechten Seite ablösen? – Vorsichtig, dass keine Textilfasern drinnen bleiben … Die Wunde müssen wir nähen … die Rippen sind gebrochen.“

Beruhigend legte sich eine zarte, klamme Hand auf Arthurs linke Seite, während kundige Hände die tiefen Schnitte daneben versorgten.

Arthu