: Jürgen Alberts
: Die Geiselnehmer
: 110th
: 9783958650558
: 1
: CHF 2.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 141
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mitten im Sommerloch des Jahres 1988 kommt es zu einer spektakulären Geiselnahme: In der Hansestadt Bremen wird ein ganzer Linienbus gekapert. Die drei Verbrecher halten die Fernsehnation in Atem, geben Interviews in Live-Sendungen, posieren für Fotografen mit gezückter Waffe. Im Verlauf der mehrstündigen Irrfahrt wird ein italienischer Junge erschossen. 12 Stunden in Bremen, die ein Schlaglicht auf Pannen und Fehlentscheidungen in der Polizeiarbeit und vor allem auf die Rolle der Medien werfen.

Jürgen Alberts lebt als Schriftsteller in Bremen. 1987 wurde er für seinen Roman Landru mit dem »Glauser« ausgezeichnet. 2011 wurde er vom SYNDIKAT mit dem Ehrenglauser ausgezeichnet ('...in Würdigung seines Engagements für die deutschsprachige Kriminalliteratur und für sein bisheriges literarisches Gesamtwerk im Bereich der Kriminalliteratur'). Neben historischen und Reiseromanen (zusammen mit seiner Frau Marita) hat er sich immer wieder dem Krimi-Genre verbunden gefühlt, wie es in dieser 10-Bände umfassenden Bremen-Krimireihe zum Ausdruck kommt. Mehr unter: www.juergen-alberts.de

11:10 Uhr: Erste fernmündliche Mitteilung aus Nordrhein-Westfalen, dass Bremen als möglicher Zielort der Gladbecker Geiselnehmer in Betracht kommen kann. Der Anruf wird von Polizeioberkommissar Günther im Lagezentrum entgegengenommen.

 

»Frühstückspause«, sagte Rapka und lenkte den weißen Audi an die nächste Imbissbude. Er wollte polnisch essen, die gute Krakauer.

»Von mir aus«, erwiderte Kuhlebert missmutig. Jeden Morgen das gleiche Ritual. Wenigstens einmal könnten sie zu McDonald's fahren. Aber Hermann Rapka war am Steuer. Das ließ er sich nicht nehmen.

»Mit viel Senf, wie immer, Herr Präsident!« Die Frau am Wurststand kannte ihre Stammkunden. Sie wusste, wen sie freundlich bedienen musste und wem sie lustlos die pappigen Pommes auf die Theke knallen konnte.

Bernd Kuhlebert bestellte eine doppelte Cola, er bekam die stark gesalzene Wurst sonst nicht hinunter.

Frau Soltan versah ihren Dienst an dieser Würstchenbude seit mehr als fünfundzwanzig Jahren. Eine Stunde vor Arbeitsbeginn stellte sie den blankpolierten Grill an, scheuerte die Glastheke mir scharfem Chlorreiniger, die Kunden liebten Sauberkeit. Punkt 10 Uhr ging die Klappe auf. Dann standen dort der Käptain, sein versoffener Freund Ayatollah und die rotäugige Hilde und warteten auf ihr Frühstück. Sie hatten den Stand schon wieder verlassen, wenn Rapka und Kuhlebert in Erscheinung traten.

Seit die beiden Polizisten zum Mobilen Einsatzkommando versetzt worden waren, hatte sich ihr Dienst wesentlich verändert. Sie trugen Zivil. Auf dem Lehrgang war Rapka auferlegt worden, mindestens fünfzehn Kilo abzuspecken. Das war ihm gelungen. Er hatte es seinem Beifahrer Kuhlebert zu verdanken, dass man ihn beim MEK überhaupt akzeptierte. Schon seit dreizehn Jahren saßen sie zusammen auf dem Bock. Kuhlebert wollte nur mit seinem wesentlich älteren Kollegen die Beobachtungsaufgaben übernehmen, weil er sich an dessen Macken gewöhnt hatte.

In Rapkas Personalakte stand, dass er in seiner Ausbildung versehentlich einen Schäferhund erschossen hatte. Das war zwar lange verjährt, doch der Vermerk haftete. Gelegentlich gab Rapka seinem Beifahrer Kuhlebert einen heftigen Schlag auf die Schulter. »Das haste gut gemacht, mein Junge.«