: Nicola Förg, Mechtild Borrmann, Judith Merchant, Stefanie Baumm, Eva Maaser, Helene Henke, Reinhard
: Blutiger Rhein 12 Weihnachtskrimis aus Deutschlands wildem Westen von Nicola Förg, Mechthild Borrmann, Judith Merchant, Alex Berg, Eva Maaser, Helene Henke, Karr& Wehner, Kirk Spader, Sabine Trinkaus, Sandra Lüpkes, Stephanie Bursch und Uwe Voehl
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426429495
: 1
: CHF 5.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 140
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Weihnachtskrimis regional - 12 mörderische Geschichten aus Nordrhein-Westfalen für die schauerlich-schönste Zeit des Jahres! Die Loreley singt nicht mehr. Das Ruhrgebiet ist ein gefährliches Pflaster geworden. Neben Nicola Förg, Mechthild Borrmann und Judith Merchant erzählen Alex Berg, Eva Maaser, Helene Henke, Karr& Wehner, Kirk Spader, Sabine Trinkaus, Sandra Lüpkes, Stephanie Bursch und Uwe Voehl in ihren Kurzkrimis von Äxten und Wunschzetteln in Deutschlands wildem Westen. In dieser Reihe sind außerdem erschienen: 'Alpenland in Mörderhand', 'Totschlag hinterm Deich', 'Mordlust an der Leine', 'Mord-Mord-Ost' und 'Spätzlemorde'.

Nicola Förg hat mittlerweile 21 Kriminalromane verfasst und an zahlreichen Anthologien mitgewirkt. Zuletzt erschien ihr erster Weihnachtsroman »Das Winterwunder von Dublin« (Piper). Ihre zwei Krimiserien spielen im Voralpenland und an alpinen Tatorten. Förgs Bücher wurden mehrfach für das Engagement im Tier- und Umweltschutz ausgezeichnet. Die gebürtige Oberallgäuerin lebt mit Familie sowie Ponys, Katzen, Hunden und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech.

Alex Berg


Wintermärchen

 

 

 

Ein heftiger Windstoß nahm Manu den Atem. Die Tür flog ihr aus der Hand und schlug mit einem Krachen gegen die Wand. Schneeflocken wirbelten in wildem Tanz in den dunklen Flur. Sie hatte kaum genug Kraft, die Tür von außen wieder ins Schloss zu ziehen, denn der Wind stemmte sich mit wildem Geheul wie ein großer, wütender Hund dagegen.

Manu zog die Schultern hoch, als die beißende Kälte des dämmrigen Dezembernachmittags unter ihre Funktionskleidung kroch, schob sich ihre Wollmütze tief in die Stirn und blinzelte die Straße hinauf und hinunter. Kein Mensch war unterwegs, die Flucht zwischen den Häusern gehörte allein dem Wind, der an den Büschen riss und Schneewehen in Hauseingänge häufte.

Eine weitere heftige Böe zerrte an ihrer Mütze und an ihren Nerven gleichermaßen. Es war weiß Gott kein Wetter zum Joggen, aber sie brauchte unbedingt Bewegung, musste ihrem Frust, ihrem Ärger und vor allem ihrer Traurigkeit etwas entgegensetzen.

* * *

Es war ein Tag für die Mülltonne des Lebens gewesen. Einfach zum Vergessen. Abhaken. Nie wieder daran denken. Wenn man denn könnte.

Den Grundstein für diesen verkorksten Tag hatte Manu schon am Abend zuvor gelegt: Nachdem sie zu viel billigen Rotwein getrunken hatte, war sie auf dem Sofa eingeschlafen, nur um mitten in der Nacht aus einem verstörenden Traum hochzuschrecken, dessen Beklemmung sie auch dann nicht losgelassen hatte, als sie sich längst, ausgestattet mit einer Wärmflasche, auf ihrer Seite des Doppelbetts unter die Daunen verkrochen hatte. An Schlaf war nicht mehr zu denken gewesen, und ihre Gedanken waren wie immer in den vergangenen Tagen und Wochen rasch zur anderen Betthälfte gewandert. Der leeren Hälfte, denn Helge war fort. Sie vermisste ihn schrecklich, auch wenn die letzten Monate ihres Zusammenlebens alles andere als harmonisch verlaufen waren. Gerade nachts überfiel sie die Einsamkeit regelmäßig. Sie lag grübelnd wach und fand oft erst in den frühen Morgenstunden in den Schlaf. So auch diesmal. Und dann hatte sie zu allem Unglück am Morgen den Wecker nicht gehört.

Mit ungewaschenen Haaren, knurrendem Magen und einer knappen halben Stunde Verspätung war sie in der Werbeagentur angekommen. Dabei hatte die ganze Hektik gar nichts genutzt: Jonas, ihr Art-Director, der leider nicht so friedliebend war, wie sein Name implizierte, sondern eher in die Kategorie eines Mars oder Odin einsortiert werden musste, wartete bereits an ihrem Schreibtisch und zog ein Gesicht wie ein übellauniger Steinfisch. Ihre Entschuldigung ignorierte er geflissentlich und knallte ihr die Broschüre auf den Tisch, die sie in der vergangenen Woche in den Druck gegeben hatte. Verzweifelt blätterte sie die Seiten durch, um den Fehler zu finden, bis Jonas schließlich die Nerven verlor und sie auf die verunglückte Stelle hinwies. Die gesamte Auflage war schon gedruckt, die Kosten beliefen sich in die Tausende, sollte die Druckerei sich nicht kulant zeigen. Und deren Geduld hatte Manu ebenfalls schon über die Maßen strapaziert. Einen Fehler nach dem anderen hatten die entgegenkommenden Mitarbeiter dort für sie ausgebügelt, seit einem halben Jahr ging das so. Seit Helge fort war. Und nun war Schluss. Jonas hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass der nächste Mist der letzte war, den sie bei Humboldt& Humboldt verzapfen würde. Er hatte eine Abmahnung aus der Sakkotasche gezogen, ihr in die Hand gedrückt und war abgerauscht.

Die Abmahnung. Das erste Mal an diesem Tag huschte ein flüchtiges Lächeln über Manus Gesicht, als sie sich daran erinnerte, wie sie den Wisch auf dem Heimweg ungelesen aus ihrer Handtasche gezogen und mit akribischer Geduld in kleine Fetzen gerissen hatte. Und wie sie diese Fetzen darauf wie Konfetti in den Wind geworfen und verfolgt hatte, wie leicht dieser die schweren Worte davontrug und mit den Schneeflocken vermischte, die in diesem Moment zu fallen begonnen hatten. So würde sie jetzt auch ihre trüben Gedanken davonwirbeln lassen, würde den Kummer aus sich herauslaufen, einfach fort. Entschlossen trabte sie los, über den festgetretenen Schnee der letzten Tage, in Richtung der Feldmark mit ihren schönen Laufwegen. Die kalte Luft erfrischte sie, machte sie nach dem langen, ermüdenden Tag wieder wach. Doch schon bald musste sie feststellen, dass der Wind zu stark war. Hier draußen, jenseits d