: Ignaz Hold
: Todeseiland Commissaire Papperins dritter Fall - ein Provencekrimi
: ambiente krimis
: 9783981561340
: 2
: CHF 3.60
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 317
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine herrenlose Pistole, ein unerklärlicher Geruch im Speisesaal, geheimnisvolle Hotelgäste und zwei Leichenfunde stellen commissaire Jean-Luc Papperin während seines Sommerurlaubs auf der Provence-Insel Porquerolles vor ein Rätsel. Hinzu kommen Informationen vom Geheimdienst, die die Anti-Mafia-Behörde in Paris in Alarmbereitschaft versetzen. Bereits nach wenigen romantischen Ferientagen, die er zusammen mit seiner Freundin Nia verbringt - mit Schwimmen im tiefblauen Mittelmeer, mit Wanderungen durch die mediterrane Insellandschaft und mit dem Genuss der Sterneküche des vielgerühmten Gourmethotels - holt ihn die Pflicht ein. So traumhaft sein Urlaub begonnen hatte, so abrupt endet er wieder. Papperin wird von höchster Stelle beauftragt, das Zentrum des Verbrecherkartells zu zerschlagen, das auf seiner Urlaubsinsel vermutet wird. Er trifft auf ein Geflecht von dunklen kriminellen Verwicklungen, bei deren Entwirrung seine langjährige Freundin unter Mordverdacht gerät, und seine engste Mitarbeiterin in Todesgefahr.

Ignaz Hold ist ein Pseudonym. Der Autor, ein reiselustiger Wissenschaftler, hat seit über einem Vierteljahrhundert in der Provence eine zweite Heimat gefunden und kennt diesen Fleck Europas wie seine Westentasche. Dort, in der Idylle eines provenzalischen Dorfes, entstehen seine Provencekrimis, in denen er den ganzen provenzalischen Mikrokosmos mit all seinen Problemen, Charakteren, landschaftlichen und kulinarischen Reizen einfängt und in spannende Krimis einfließen lässt.

Ein seltsamer Fund

Donnerstag, 13. August

„Das darf niemand finden! Wo kann ich es nur verstecken?“, grübelte Amélie Perronet. Sie blickte auf das Tagebuch, dem sie gerade ihre Gefühle anvertraut hatte, las ihre pathetisch-kindlichen Formulierungen wieder und wieder. In ihrem Kopf erlebte sie das heimliche Treffen mit Simon, dem hübschen Hotelpagen, aufs Neue. Das war gestern Nacht. Ihre Eltern hatten sich mit einem Urlauberehepaar angefreundet und in der Hotelbar die neue Bekanntschaft gefeiert und ausgiebig mit Champagner begossen, während sie Amélie in ihrer Suite friedlich schlafend gewähnt hatten. Wenn die wüssten!

Immer noch schwebte Amélie in einer anderen Sphäre, weitüber allen prosaischen Alltagsproblemen. Diese hatten sie aber schnell wieder eingeholt und fest im Griff. Eine Katastrophe, wenn ihre Eltern das Tagebuch fänden. Sie musste ein Versteck finden, wo es absolut sicher war– vor allem vor ihrer Mutter.

Die zwölfjährige Amélie bewohnte mit ihren Eltern ein Ferienappartement im LuxushotelL’Étoile de l‘Île auf der Insel Porquerolles. Sie schaute sich in der Hotelsuite um, suchte nach einem geeigneten Platz. Ihr Blick wanderte von ihrem kleinen Arbeitstischchen zur Sitzgruppe mit den bequemen Sofas und Sesseln. Sollte sie das Buch unter einem der dicken Polster verstecken? Nein, die Gefahr, dass es dort entdeckt wurde, war zu groß. Sie suchte weiter.„Vielleicht auf dem Balkon?“, rätselte sie. Vor der schmiedeeisernen Brüstung stand seitlich rechts und links je ein riesiger länglicher Trog aus weißem Marmor, auf dem mehrere dichte Oleanderbüsche Sichtschutz vor neugierigen Menschen auf den Nachbarbalkons boten. Nach vorne fiel der Blick kaum behindert durch das Balkongitter hinab auf den Strand. Nein, auch hier war kein Versteck. Oder sollte sie das Tagebuch in der Erde neben den Büschen vergraben? Aber das war ihr zu schmutzig. Und außerdem– wenn es regnete, dann würde alles kaputt gehen. Sie suchte weiter. Das Bad? Nein, dort war alles glatt, weiß gefliest, ohne geheime Nischen, in die man das flache Büchlein zwängen könnte. Im Schlafzimmer ihrer Eltern wollte sie das Buch nicht verstecken. Da käme sie nachts nicht daran, genau in der Zeit, in der sie ungestört mit ihren Aufzeichnungen Zwiesprache halten konnte. Heute war ein Ausnahmetag. Ihre Eltern hatten mit den neuen Freunden einen Ausflug aufs Festland nach Toulon gemacht und würden erst abends mit dem letzten Schiff zurückkommen. Es hatte sie viel Betteln und Flehen gekostet, im Hotel bleiben zu dürfen. Schließlich hatten ihre Eltern nachgegeben. Sie durfte bleiben. Es wurde ihr aber streng verboten, das Hotelareal zu verlassen. Vor allem durfte sie keine Spaziergänge machen, weder in das etwa eine halbe Stunde entfernte Dorf Porquerolles, noch an den Strand, und schon gar nicht auf diecrêtes, die steilen Klippen,über die die Insel nach Süden ins Meer abstürzte. Vor allem ihre Mama warüberängstlich. Was konnte ihrem kleinen Mädchen nicht alles passieren– sie könnte von den Felsen abstürzen, oder beim Schwimmen ertrinken, oder von Kriminellen entführt werden. Amélie hatte hoch und heilig versprochen, sich strikt an alle Verbote zu halten. Dies war ihrüberhaupt nicht schwer gefallen, denn sie wollte gar nicht weg, sondern im Hotel bleiben und sich mit Simon treffen, wann immer sein Dienst als Page ihm dies erlaubte.

Amélie ging suchend in der großen, aus zwei Schlaf-, einem Wohnzimmer, einem Bad und einem Vorraum bestehenden Suite umher. Der Heizkörper in der Eingangsdiele zog ihren Blick an. Unter einem weißen Marmorsims und hinter einer Verkleidung aus dunkel-rötlichen Mahagonilamellen schimmerten grau die Rippen des Radiators. Sie schob das daumendicke Büchlein zwischen die Lamellen. Doch das war nichts, man konnte es von außen sehen. Als sie es wieder herauszog, merkte sie, dass das Mahagonigitter sich bewegte. Sie rüttelte daran und plötzlich fiel es ihr entgegen.

„Ein cooles Versteck!“, murmelte sie und schob ihr Tagebuch von oben hinter den kalten Heizkörper. Doch es ließ sich nicht weit genug hinunterschieben. Irgendetwas war im Weg. Sie nahm ihr Buch wieder heraus und griff hinein. Nur wenige Zentimeter unter der Oberkante spürte sie ein Hindernis. Sie betastete es mit den Fingerspitzen. Es fühlte sich wie weicher Stoff an. Aber dahinter war etwas Festes– hart und lang, deutlich mehr als ihre Handspanne. Sie nahm ihre zweite Hand zu Hilfe und schob es langsam hoch. Es rutschte obenüber den Heizkörper und fiel mit lautem Knall auf den Steinfußboden. Amélie schreckte zurück. Vor ihr lag matt-schwarz glänzend und hart mit dem weißen Marmor kontrastierend, eine Pistole. Ein braunes flauschiges Tuch glitt langsamüber die Lamellen und landete sanft auf dem Boden.

Ängstlich nahm sie die Waffe, hob sie mit zitternden Fingern hoch, trug sie ins Wohnzimmer und legte sie vorsichtig auf den Couchtisch. Was sollte sie jetzt tun? Simon holen? Aber der müsste das der Direktion melden. Die würden ihn dann fragen, was er in ihrer Suite zu suchen hatte. Nein, ihn wollte sie nicht hineinziehen. Wer weiß, was er für Probleme mit der Hotelleitung bekäme. Die Rezeption anrufen? Die Polizei?

„Nein, ich warte aufmaman undpapa! Die wissen bestimmt, was zu tun ist!“,überlegte sie laut. Sie wollten mit dem letzten Schiff um 19.00 Uhr zurückkommen. Bis sie dann mit dernavette de l’hotel, dem kleinen Minibus, mit dem dasL’Étoile de l’Île die Hotelgäste vom Hafen abholte, bei ihr wären, würde es halb acht sein. Amélie beschloss, auf der Couch im Wohnzimmer sitz