Roddy wartete an der Kreuzung.
Mal davon abgesehen, dass er manchmal ein bisschen ängstlich war, war er wirklich okay. Da er und seine Eltern nur ein Stückchen die Straße rauf wohnten, kannten Melody und er sich seit einer Ewigkeit und hatten schon im Sandkasten zusammen gespielt. Aber das war nicht der einzige Grund, warum sie Freunde waren.
Roddy war kleiner als die meisten Jungs seines Alters und ein bisschen pummelig, hatte eine Brille mit dicken Gläsern und Haare, die so aussahen, als würden sie unter Strom stehen. Genau wie Melody war er am liebsten zu Hause und steckte seine Nase in Bücher, die er verschlang wie andere Leute Kartoffelchips. Bei den Jungen in der Schule war er deshalb ungefähr so beliebt wie Melody bei den Mädchen, also hatten sie tatsächlich viel gemeinsam. Sie waren verwandte Seelen, irgendwie.
„Guten Morgen, Melody“, grüßte Roddy schon von Weitem und strahlte über sein ganzes blasses Gesicht. „Alles Gute zum Geburtstag!“
„Daran hast du gedacht?“ Melody hielt ihr Fahrrad an und stieg ab. „Das ist lieb von dir!“
„Klar“, meinte Roddy. „Und ich hab sogar ein Geschenk für dich!“ Mit diesen Worten öffnete er die Satteltasche seines Fahrrads und kramte darin herum, so als müsste er nach etwas suchen. Dann zauberte er mit einer großen Geste ein Geschenk hervor, das in buntes Papier gewickelt war. Es war ein bisschen zerquetscht und die Schleife darauf ziemlich zerknittert, aber Roddys Begeisterung tat das keinen Abbruch.
„Für dich!“, verkündete er aufgeregt.
„Ehrlich?“
Er nickte eifrig.
Melody nahm das Geschenk entgegen und packte es aus. Heraus kam ein wollener Schal, lila mit orangeroten Streifen.
„Deine Lieblingsfarben“, sagte Roddy dazu. „Hab ich selbst gestrickt. Meine Mom hat mir gezeigt, wie’s geht.“ Ein stolzes Lächeln glitt über sein rundliches Gesicht. Dann wurde er plötzlich ernst. „Gefällt er dir?“
„Ob er mir gefällt?“ Melody konnte gar nicht anders, als Roddy zu umarmen. „Das ist das schönste Geschenk, das ich je zum Geburtstag bekommen habe. Vielen Dank!“
„Puh“, machte Roddy und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Da bin ich aber echt froh. Ich dachte schon …“
„Er ist wunderschön“, versicherte Melody und legte sich den Schal gleich um. Dass er nicht recht zur Schuluniform passte, störte sie nicht. Er war flauschig weich und mollig warm.
Dann machten die beiden sich auf den Weg zur Schule, sie waren ohnehin schon ziemlich spät dran.
Die Arran Hig