: Sigrid Lenz
: Der Duft der Omega-Wölfe 2
: dead soft Verlag
: 9783944737539
: 1
: CHF 5.40
:
: Fantasy
: German
: 316
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Als Vernon glaubt, Dariel in einem Omega-Haus entdeckt zu haben, rastet er völlig aus. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um den jungen Omega wiederzusehen. Doch es gibt mächtige Instanzen, die genau das verhindern wollen. Ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt, aber Vernon bekommt unerwartet Unterstützung. Wird er Dariel finden oder ist es längst zu spät?

Kapitel 2


 

Er wachte auf, als er die Treppen heruntergestoßen wurde, jeder Teil seines Körpers, den er bislang nicht gespürt hatte, nun ebenfalls schmerzte.

Sie zerrten ihn aus dem Gebäude. Er presste die Lider geschlossen gegen das Licht, das ihm grell in die Augen stach, sobald er sich im Freien befand. Als sie ihn losließen, blieb er liegen, lange Zeit unfähig sich zu rühren.

Das Licht verlor bereits an Intensität, als es ihm gelang, sich hoch zu kämpfen. Seine tastenden Hände fanden die Stoßstange des Wagens, in dem er gekommen war. Obwohl eines seiner Augen sich zugeschwollen anfühlte, erkannte er ihn. Die Tür war angelehnt, der Schlüssel steckte und Vernon sollte wohl Dankbarkeit empfinden, doch er fühlte nichts als Verlust, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Er hatte Dariel gesehen. Es war Dariel gewesen in diesem Raum und Vernon ihm für einen Augenblick nahe. Der Zweifel wich dem Entsetzenüber seine eigene Unfähigkeit, sein eigenes Versagen. Die Wut, die er nun suchte, verflog je näher er ihr kam, bis sie nur noch Erschöpfung zurückließ. Vernon zog sich in den Fahrersitz, startete den Motor und lenkte das Gefährt unsicher zurück auf die Fahrbahn. Er konzentrierte sich darauf, bei Bewusstsein zu bleiben, den Schmerz zu ignorieren, die Verzweiflung zuüberwinden.

 

Als er das Motel erreichte, blieb er einen Augenblick im Wagen sitzen und lehnte die Stirn gegen das Lenkrad. Die Schritte bis zur Tür zogen sich. Er hörte nicht, dass die sichöffnete, sah Dominik kaum, der sich mit beiden Händen an den Rahmen klammerte, bevor er aus dem Raum eilte, seinen Arm vorsichtig um ihn legte und ihn stützte, während Vernon blind vor Blut und Tränen in das Zimmer stolperte.

Dominik sagte kein Wort, drückte ihn nur auf eines der beiden Betten und verschwand, um einen Augenblick später zurückzukehren. Vernon saß still, reglos, die Augen geschlossen, seine Gedanken ein Chaos ohne Ausweg, ohne Ziel, ohne Sinn. Er spürte kaum, dass Dominik seine Stirn und sein Gesicht erst abtupfte, dann reinigte. Das Brennen des Desinfektionsmittels bedeutete nichts im Vergleich zu dem Schmerz in seiner Seele. Nicht einmal Dominik darauf hinzuweisen, wie unnötig seine Bemühungen waren, fiel ihm ein. Auch nicht, als der ihm sein Hemd auszog, die Prellungen kühlte, die Wunden verband und ihn wortlos in den Stand zog, um seine Hose zu entfernen. Es war ihm nicht einmal peinlich, in Unterwäsche vor dem Menschen zu stehen, und wieder zu sitzen, die Augen vorsichtig zuöffnen, als der ihm die Socken von den Füßen rollte. Seine Knöchel wirkten geschwollen und Vernon versuchte sich zu erinnern, ob die Wächter Anstalten unternommen hatten, sie zu brechen oder zu quetschen. Doch gab er den Versuch auf, als Dominik mit einem kalten Waschlappen die Schwellung eindämmte.

„Es geht schon“, sagte er, unterbrach als Erster das Schweigen.„Das heilt von selbst.“

Dominik sah zu ihm hoch und lächelte.„Ist schon in Ordnung“, antwortete er, stand auf und setzte sich neben ihn.

Vernon vermisste auf einmal und unerwartet die Fürsorge, die Hände auf seiner Haut und auf seinem Körper. Die Wärme des anderen und die Kälte der lindernden Maßnahmen, die ihn heilten und trösteten. Das Gefühl kam unerwartet und plötzlich,überraschte ihn in seiner Intensität.

Dass Dominik den Arm um seine Schultern legte und ihn zögernd an sich zog, erstaunte ihn. Mehr nochüberraschte ihn jedoch seine eigene Reaktion. Intuitiv, ohne Absicht, ohne die Bewegung wirklich wahrzunehmen, sank er gegen Dominik, bis sein Kopf an dessen Schulter lag. Wie von selbst schlangen seine Arme sich um Dominiks Körper und lediglich die Tatsache, dass dessen Hemd sich nach einer Weile feucht anfühlte, wies darauf hin, dass er es mit seinen Tränen durchtränkte. Das Schluchzen kam lautlos und so natürlich, dass es ihn nicht einmal entgeisterte.

Für einen Augenblick fühlte er sich sicher, seltsam, fälschlich und doch gänzlich geborgen. Und das in den Armen eines Menschen, eines Wesens, das ihn nicht schützen konnte, das nicht einmal annähernd seine Stärke besaß. Und das doch die Kraft hatte, ihm den notwendigen Trost zu schenken.

Vernon schob die Einwände von sich, die Vorstellung dessen, was andere Wölfe zu ihm sagen, von ihm denken würden. Sein Körper schmerzte, obwohl er bereits heilte,