: Jutta Jacobi
: Die Schnitzlers Eine Familiengeschichte
: Residenz Verlag
: 9783701744848
: 1
: CHF 11.70
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die große Geschichte einer der faszinierendsten Familien des 19. und 20. Jahrhunderts Ein Leiterwagen und die Untreue einer schönen Buchhändlers Tochter setzten ihn in Bewegung: Jutta Jacobi erzählt von Johann Schnitzler, dem begabten Sohn eines armen jüdischen Tischlers aus Nagykanizsa, der ein berühmter Arzt in Wien wurde. Von seinem Sohn Arthur, der sich vom Erotomanen zum Moralisten wandelte. Von dessen Frau Olga, der reuevollsten Geschiedenen aller Zeiten. Von Lili, die an der Seite eines faschistischen Offiziers ihr Glück nicht fand. Von Heinrich, der 1938 nach Amerika emigrieren musste. Von Arthurs Enkeln Peter und Michael, die sich von den Lasten der Vergangenheit befreiten. Von der Urenkelin Giuliana, die auf dem Zentralfriedhof die Gräber mit Steinchen schmückt. Es ist die Geschichte von Sehnsucht, dem Geschenk des Humors und dem Wandel der Perspektiven im Verlauf der Geschichte.

Jutta Jacobi geboren 1955, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in München. In Wien absolvierte sie eine Ausbildung zur Feldenkrais-Pädagogin. Sie lebt, schreibt und unterrichtet in Hamburg. Ihr Radiofeature 'Der Reigen zu Rad' ist eine Hommage an Arthur Schnitzler zu dessen 150. Geburtstag. Zuletzt erschienen: 'Zarah Leander. Das Leben einer Diva' (2006).

Prolog:
Diesmal die praktischen Schuhe


Zentralfriedhof, Tor I. Giuliana Schnitzler trägt einen grünen Mantel an diesem kühlen Vorfrühlingstag, apfelgrün. Das passt zu ihren rotblonden Haaren, die vielleicht ein Erbteil ihrer irischen Vorfahren sind, der mütterlichen Vorfahren. Die väterlichen liegen hier. Links der schnurgeraden Hauptallee sind die Gräber mit den christlichen Symbolen, rechts davon die riesige jüdische Totenstadt: »Bet Kevarot«, der Ort der Gräber. Wir halten uns rechts, spazieren vorbei an den prunkvollen Grabmälern im Geschmack der Gründerzeit – verwittert, bemoost, von Baumwurzeln in Schiefstand gebracht. Manche der Inschriften sind in hebräischen Buchstaben abgefasst, die meisten aber auf Deutsch. Hier liegt das assimilierte jüdische Wien des 19. Jahrhunderts. Die Gräber zeigen, wie sie gesehen werden wollten: tatkräftige Männer, tugendsame Gattinnen, »beweint von ihren untröstlichen Söhnen und Töchtern«. Ihre Verdienste sind in Stein gemeißelt, die Kehrseite hat Arthur Schnitzler beschrieben. Giulianas Urgroßvater.

Ich schiele auf ihre Schuhe: Sie hat natürlich praktische Schuhe an den Füßen, wie jeder vernünftige Mensch für einen Spaziergang über den Zentralfriedhof. Ich auch. Die Frage der angemessenen Fußbekleidung für diesen Anlass beschäftigt mich, seitdem ich vor Jahrzehnten zum ersten Mal zu Schnitzlers Grab gepilgert bin. Eine Wiener Kaffeehausbekanntschaft hatt