: Gaby Hauptmann
: Kaya - frei und stark 4: Kaya ist happy
: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
: 9783522652445
: Kaya - frei und stark
: 1
: CHF 3.30
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 120
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eingepackt wie ein Geschenk steht plötzlich ein fremdes Pferd im Stall. Die edle Stute gehört Laras Tante, die über die einfachen Verhältnisse im Stall die Nase rümpft. Ihr Pferd soll sich nicht verletzen - daher die 'Schutzkleidung' - , keinen Kontakt mit anderen Pferden haben und auch sonst nichts tun, was Spaß macht. Kaya und ihre Freundinnen haben Mitleid und führen die Stute eines Tages heimlich auf die Weide. Was aber keine von ihnen bemerkt: Der Hengst Brioso reißt den Trennungszaun zwischen den Koppeln ein ...

Gaby Hauptmann ist eine Vollblutjournalistin: Nach einem Volontariat bei der Tageszeitung SÜDKURIER (Konstanz) hatte sie ein eigenes Pressebüro in Lindau, war Chefredakteurin der Ersten Stunde von seefunk radio bodensee, wechselte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk (SWF 1 u. SWF3) und begann gleichzeitig fürs Fernsehen (HR u. SWF, Unterhaltung und Dokumentationen) zu arbeiten. Sie war Regisseurin, Produzentin und Moderatorin, unter anderem moderierte sie 2002/03 mit Lea Rosh die Literatursendung 'Willkommen im Club'. 1995 erschien mit 'Suche impotenten Mann fürs Leben' ihr erster Bestseller, seitdem hat sie über 30 Bücher (darunter das Kinderbuch 'Rocky - der Racker' und die beiden Jugendreiterserien 'Alexa - die Amazone' und 'Kaya') geschrieben, wurde in 35 Ländern verlegt, hat allein in Deutschland knapp über 8 Millionen Bücher verkauft, wovon sechs Bücher bisher verfilmt wurden und viele als Hörbücher zu haben sind.

Kaya hielt zwei rote Christbaumkugeln in der Hand. Sie war unentschlossen. Wohin damit?

Sie trat zwei Schritte zurück, um ihr Werk zu begutachten. So ganz toll sah der Baum nicht aus, unten war er viel zu buschig, da passte kaum eine Kugel zwischen die Zweige, und oben war er ziemlich kahl. Sie hatten sich mal wieder viel zu spät gekümmert und das war das beste Stück, das noch zu haben war. Um genau zu sein, war es das letzte Bäumchen, das auf dem großen, leeren Platz, der zwei Wochen zuvor noch völligüberfüllt war, einsam und verlassen dastand.

Was soll’s, dachte Kaya, auch ein hässlicher Christbaum hat ein Recht darauf, geliebt zu werden. Er kann schließlich nichts dafür.

Trotzdem wusste sie noch immer nicht, wohin mit den beiden Kugeln. Unten konnte sie nichts mehr dazwischenquetschen, außerdem mussten die Kerzen ja auch noch einen Platz finden.

»Wie sieht dennder aus ...!«

Ihre Schwester. Das war typisch. Nichts zum Werk beitragen, aber meckern.

»Wie wohl«, sagte Kaya, ohne sich nach Alexa umzudrehen.»Ich würde mal sagen, wie ein Christbaum halt aussieht!«

»Von der Heilsarmee. Oder was? Wollen wir heute unter der Brücke feiern?«

»Arrogante Nuss!«

Jetzt drehte sich Kaya doch um. Alexa stand in der Türe, die Arme verschränkt. Sie machte sich erst gar nicht die Mühe, näher zu kommen.»Wo sind Mama und Papa?«, fragte sie stattdessen.

»Noch unterwegs, das Reh für heute Abend fangen!«

Alexa verzog das Gesicht.»Reh esse ich nicht!«

»Ja, glaubst du, so ein Kälbchen stirbt lieber?«

Jetzt trat Alexa doch heran. Sie nahm Kaya eine Kugel aus der Hand und hängte sie oben in die Spitze. Mit ihren17 Jahren war Alexa die entscheidenden Zentimeter größer als Kaya, die ja erst im Juni14 wurde.

»Da muss der Wachsengel hin«, wandte Kaya ein.»Es ist die völlig falsche Stelle für eine Kugel!«

»Na gut, dann hol sie halt wieder runter!« Alexa sprach’s und ging.

Der Teufel holältere Schwestern, dachte Kaya und schaute zur Tannenspitze hoch. Wie sollte sie jetzt dort hinaufkommen?

Stunden später zog Bratenduft durch das Haus. Das roch so verlockend, dass Kaya ihre Zimmertüre offen ließ. Ihr Vater kochte. Das tat er eigentlich nur an Weihnachten, weil er nebenan in ihrem Restaurant ständig kochen musste. Weihnachten aber war ein Fest, da konnte man sich als völlig normale Familie fühlen. Alle waren zu Hause, es gab kein ständiges Hin- und Herrennen zwischen Restaurant und Wohnung, man musste die Eltern nicht ständig suchen, wenn man mal was wollte, und man bekam auch nicht dauernd die Auskunft:»Tut mir Leid, keine Zeit!«Über die Feiertage hatten die Birks ihr RestaurantZum Landsknecht nämlich geschlossen und das war das größte Geschenk, das sich Kayas Eltern jährlich machten: keinen anderen Menschen sehen zu müssen.

Aber in diesem Jahr kam noch etwas anderes dazu. Kaya saß in ihrem Zimmer und betrachtete immer wieder all die Fotos, die sie an die Wand gepinnt hatte. Es waren nicht nur geglückte Aufnahmen– auf einer war der Kopf viel zu groß, da sah er fast aus wie eine Kuh, auf einem anderen war das Hinterteil zu dicht an die Kamera geraten, aber Kaya liebte sie alle, denn die Bilder zeigten doch irgendwie alle dasselbe:Sir Whitefoot, ein abgezehrtes Pony mit vier weißen Beinen, das ihre Eltern beim Weihnachtsreiten in einer spontanen Aktion gekauft und ihr zu Weihnachten geschenkt hatten. Noch immer lief es Kaya eiskaltüber den Rücken, wenn sie daran dachte. Sie hatten fünf freilaufende Pferde eingefangen, die nachts auf der Landstraße herumirrten. Die Tiere waren völlig abgemagert und verwahrlost und ein Besitzer hatte sich nicht gemeldet. Das Fuchspony, das sieSir Whitefoot genannt hatte, weil es so schön weiß gestiefelt war, hatte sie von der ersten Minute der nächtlichen Begegnung an ganz fest in ihr Herz geschlossen. Ach, wenn es doch nur ..., aber sie hatte gewusst, dass ihre Eltern kein Geld hatten. Sie hatten erst vor kurzem ihr Haus umgebaut und schufteten Tag und Nacht in ihrem Restaurant, um die Bankschulden abzubezahlen. Und trotzdem hatten sie, als Kaya und ihre Freundinnen während der Weihnachtsfeier für die fünf verwaisten Pferde einen neuen Besitzer suchten, in der festlich geschmückten Reithalle nach dem Mikrofon verlangt– und was Kaya da zu hören bekam, würde sie nie mehr vergessen können. Klar und deutlich hatte sie die Stimme ihres Vaters vernommen:»Meine Frau und ich möchten unserer Tochter Kaya das Pony schenken, das sie gerettet hat, ihrenSir Whitefoot. Wir lieben sie sehr und jetzt kann sie diese Liebe weitergeben!« Das war der schönste Moment in ihrem ganzen Leben.

Kaya drückte einem der Fotos einen Kuss auf und ordnete dann noch einmal schnell ihre Geschenke, die sie liebevoll eingepackt hinter sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Normalerweise war sie nicht die große Künstlerin, was Geschenke anging, aber in diesem Jahr hatte sie sich besonders viel Mühe gegeben, schließlich war es auch ein besonderes Fest.

Das helle Glöckchen hätte