: Mark L. Wood
: Die Zukunft liegt im Westen Über den Oregon Trail
: hey! publishing
: 9783942822336
: 1
: CHF 1.80
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 98
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jesse Robinson, ein junger Arzt aus Tennessee, wundert sich selbst über seine erstaunlichen Schießkünste. Nur weil er sich als Naturtalent mit einer Schusswaffe heraustellt, kann er eine junge Indianerin vor einigen mordlustigen Büffeljägern retten. Doch die rauen Burschen lassen sich nicht abwimmeln und bleiben ihm dicht auf den Fersen, selbst dann, als er sich einem Wagenzug nach Westen anschließt, weil er im fernen Oregon eine Praxis eröffnen will. Doch das ist nicht die einzige Gefahr, die auf ihn lauert. Die Fahrt über den Oregon Trail ist ein halsbrecherisches Abenteuer, das mit Naturkatastrophen und feindlichen Indianern wartet. Dr. Jesse Robinson gehörte zu den vielen Siedlern, die Mitte des 19. Jahrhunderts über den Oregon Trail nach Westen zogen.

Unter dem Pseudonym »Mark L. Wood« schrieb Thomas Jeier zahlreiche Western. Als erstem deutschen Autor gelang es ihm, zwei Romane über den amerikanischen Westen in den USA zu platzieren. Die Gesellschaft zum Studium des Western der Uni Münster zeichnete ihn mit dem Elmer-Kelton-Preis für sein Gesamtwerk aus. Zur Blütezeit des Western war er Herausgeber der angesehenen Heyne-Westernreihe. Jeier wuchs in Frankfurt am Main auf und lebt heute bei München und »on the road« in den USA und Kanada. Er hat er über zweihundert Sachbücher, Romane und Jugendbücher veröffentlicht. Seit seiner Jugend zieht es ihn nach Nordamerika, immer auf der Suche nach interessanten Begegnungen und neuen Abenteuern. Im amerikanischen Fernsehen wurde er als »einer der besten Amerika-Kenner der Alten Welt« vorgestellt. Für sein Sachbuch »Der große Goldrausch von Alaska« erhielt er den »Friedrich-Gerstäcker-Preis« der Stadt Braunschweig für das beste Abenteuerbuch des Jahres, für sein Reisebuch »Abenteuerreisen in Texas« wurde er von der texanischen Regierung ausgezeichnet. Seine Bücher wurden nach England, Frankreich, Spanien, Italien, Holland, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Jugoslawien, Ungarn, Tschechien, Kroatien, China und Korea verkauft. Unter seinem Pseudonym »Christopher Ross« schreibt er romantische Abenteuerromane. Copyright Autorenfoto: privat

Die Schreie kamen vom Flussufer. Die verzweifelten Rufe einer jungen Frau, die sich in höchster Gefahr befinden musste. Gleich darauf hörte man das Klatschen einer Hand und heftiges Schluchzen.

»Hast wohl gedacht, du könntest mir die ganzen Vorräte klauen und heimlich verschwinden, was?«, blaffte eine männliche Stimme.»So nicht, mein Täubchen! Wenn du was von mir willst, musst du es dir verdienen. Sei ein bisschen nett zu dem alten Zeb, und ich lasse mit mir reden. Heh, was soll das, du verdammtes Biest?«

Jesse Robinson zögerte keine Sekunde. Er lenkte seinen Wallach zum Flussufer hinunter und stieg aus dem Sattel. Mit ein paar Schritten war er bei den Bäumen, die ihn von den Hilferufen der Frau trennten. Er schlich gebückt näher und blieb im Unterholz stehen.

Was er dann sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Bei einem kleinen Lagerfeuer, das zwischen einigen Steinen brannte, rangen zwei Menschen miteinander. Ein bärtiger Bursche in speckiger Wildlederkleidung und eine junge Indianerin. Sie war höchstens achtzehn, vielleicht sogar jünger, und wehrte sich mit Händen und Füßen. Verzweifelt versuchte sie, sich aus der Umklammerung zu befreien.

Jesse kam aus Tennessee und war es gewohnt, eine Frau höflich und respektvoll zu behandeln. Selbst einem schwarzen Dienstmädchen hätte sich ein Mann von seiner Herkunft niemals auf diese Weise genähert. Der Bärtige dachte anders. Er schien großen Spaß daran zu haben, die Indianerin zu quälen, lachte nur, als sie ihm gegen das Schienbein trat, und warf sie zu Boden.

Abseits der Uferböschung schnaubte ein Pferd. Jesse sah einen angehobbelten Falben bei einigen Büschen stehen. Daneben stand ein Kastenwagen mit hohen Seitenwänden, wie Büffeljäger ihn benutzten. Er war leer. Der kühle Morgenwind trug den Duft von frischem Salbei herüber. Die Sonne stand weit im Osten und verbreitete rotes Licht.

Ein Büffeljäger, dachte Jesse.

Er hatte von den rauen Männern gehört und wusste, wie gefährlich sie waren. Er hatte noch die Worte eines Händlers in St. Louis im Ohr:»Halten Sie sich von den Kerlen fern! Die kennen keine Verwandten, wenn man ihnen in die Quere kommt, und sie stinken wie die Pest!«

»Jetzt reicht's mir aber!«, fuhr der Büffeljäger die Indianerin an. Er kniete sich auf ihre Oberschenkel, packte ihre Handgelenke und drückte beide Arme in das feuchte Gras.»Wenn du nicht hören willst, musst du eben fühlen!« Er zog ein Messer hinter seinem Gürtel hervor und hielt die Klinge vor ihre Augen.»Nun, gehorchst du mir jetzt?«

Der Anblick der verzweifelten Indianerin war zu viel für Jesse. Entschlossen griff er nach seinem neuen Colt Navy. Bisher hatte er nur auf dem Schießstand damit geschossen. Er war kein Revolvermann. Als junger Arzt bemühte er sich eher darum, die Menschen zu heilen. Er hatte die Waffe nur gekauft, weil ihm einige Freunde und Bekannte dazu geraten hatten, wegen der»Wilden« und der anderen Gefahren, die im Westen auf ihn warteten.

Doch als Gentleman aus dem Süden war er nicht gewillt, tatenlos zuzusehen, wenn ein Schurke wie dieser Büffeljäger eine hilflose Indianerin belästigte.

Mit dem Revolver in der rechten Hand trat er aus seinem Versteck.»Lassen Sie das Mädchen in Ruhe!«, fuhr er den Büffeljäger an.»Sie haben kein Recht, ihr Gewalt anzutun. Treten Sie zur Seite und lassen Sie sie gehen!«

Der Büffeljäger hielt mitten in der Bewegung inne und wandte sich zu Jesse um. Als er den schlanken Mann im dunklen Anzug eines Städters sah, begann er zu grinsen.»Sie? Sie wollen mir vorschreiben, was ich mit dieser Diebin anstelle? Sie ist eine Squaw! Eine verdammte Pawnee, die mich bestehlen wollte!« Sein Grinsen verstärkte sich.»Oder haben Sie es selbst auf das rote Täubchen abgesehen? Sie wollen Sie für sich haben, hab ich Recht?«

Jesse Heß sich nicht beirren. Er wusste, dass er in dem Anzug und mit dem schmalkrempigen Derby-Hut wie ein Stutzer aussah. Wahrscheinlich erkannte der Büffeljäger auch, dass sein Revolver und der Waffengut neu waren.»Lassen Sie das Messer fallen und stehen Sie auf!«, sagte Jesse. Seine Stimme kam ihm selbst fremd vor.»Die Indianerin wollte doch nur etwas zu essen!«

Der Büffeljäger erkannte, dass er um einen Kampf nicht herumkam, und stand langsam auf. Er kümmerte sich nicht um die Indianerin, die Jesse einen erstaunten Blick zuwarf, etwas sagte, das Jesse nicht verstand, und dann hastig davonrannte.

»Lassen Sie das Messer fallen!«, wiederholte Jesse. Er spannte den Revolver mit beiden Daumen. Der Colt Navy 1851 war eine neue Waffe, die gerade erst in die Läden gekommen war und auf vierzig Meter genau schießen sollte.»Damit trifft selbst ein Greenhorn«, hatte ihm der Verkäufer versichert.

Der Bärtige hörte das Klicken, dachte aber nicht daran, sein Messer fallen zu lassen.»Sie wollen sich also mit mir anlegen«, spottete er. Ohne dass Jesse es bemerkte, legte er sich das Messer wurfbereit in die Hand. Er hatte schon so manchen Gegner auf diese Weise getötet.»Worauf wartest du noch, Stutzer? Leg endlich los! Oder hast du plötzlich den Mut verloren? Schieß doch! Ich lasse dir sogar den Vortritt!«

Jesse dachte nicht daran, einen Menschen kaltblütigüber den Haufen zu schießen.»Ich denke nicht daran, mich mit Ihnen zu duellieren.»Werfen Sie das Messer weg und verschwinden Sie, dann will ich den Vorfall vergessen. Wenn nicht, melde ich Sie dem Sheriff!«

Der Bärtige prustete los und schlug sich beinahe auf die Schenkel vor Lachen. Doch im selben Augenblick ließ er das Messer aus der Hand sausen. Die Klinge schoss beinahe so schnell wie eine Kugel auf Jesse zu. Kalter Stahl blitzte in der Morgensonne.

Jesse reagierte instinktiv und blitzschnell. In einer fließenden Bewegung sprang er zur Seite und drückte den Stecher durch. Die Kugel schoss aus dem Lauf und schleuderte denüberraschten Büffeljäger ins Feuer. Reglos blieb er in den Flammen liegen. Hinter ihm schnaubten die nervösen Pferde.

Noch bevor Jesse realisiert hatte, was in den vergangenen Sekunden geschehen war, steckte er den Colt wieder im Holster. Ungläubig blickte er auf den Toten und das Messer, das sich hinter ihm in einen Baum gebohrt