: Sven Koch
: Dünengrab Ein Nordsee-Krimi | Die Buchvorlage zur RTL-Verfilmung 'Grab am Strand'
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426418192
: Ein Fall für Femke Folkmer und Tjark Wolf
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hoch-atmosphärische Krimi-Spannung aus Ostfriesland mit einer guten Portion Action Ein vermisstes Mädchen, Seemannsgarn und ein Serienmörder: »Dünengrab« ist der erste Küsten-Krimi der Dünen-Reihe von Sven Koch. Im dichten Küstennebel verschwindet nachts ein junges Mädchen aus dem Fischerdorf Werlesiel an der friesischen Küste. Femke Folkmer, die Chefin der kleinen Polizeiinspektion, ahnt schnell, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Vermisstenfall handelt. Den Schauergeschichten, die sich die Küstenbewohner über den Nebel erzählen, kann sie allerdings auch keinen Glauben schenken. Zur Verstärkung wird Femkes Team Kommissar Tjark Wolf zugeteilt, der unlängst als True-Crime-Bestseller-Autor für Aufsehen sorgte. Die Zusammenarbeit mit dem rauen Großstadt-Polizisten klappt überraschend gut - doch statt der Vermissten finden die Ermittler den versteckten Friedhof eines Serienmörders ... Der perfekte Urlaubskrimi für alle, die es etwas düsterer und mit handfester Action mögen Der Auftakt einer hoch-spannenden Krimi-Reihe: Mit Kommissar Tjark Wolf hat Krimi-Autor Sven Koch einen kantigen, knallharten Ermittler erschaffen, den die Hannoversche Allgemeine Zeitung zurecht »den ostfriesischen Bruce Willis« nennt. Mit der taffen Kommissarin Femke Folkmer an seiner Seite nimmt Tjark es auch mit den ganz schweren Jungs auf. Die Küsten-Krimis von Sven Koch sind die perfekte Urlaubslektüre für Ferien im Norden! Die Krimi-Serie von Sven Koch punktet mit viel Ostfriesland-Atmosphäre, actionreichem Thriller-Feeling und einer Prise augenzwinkerndem Humor. Harte Kerle und taffe Frauen bekommen es mit schrägen Typen zu tun, während ihnen eine steife Brise um die Nase weht. RTL+ verfilmt die Dünen-Reihe mit Hendrik Duryn und Pia-Micaela Barucki in den Hauptrollen. Die actionreichen Nordsee-Krimis von Sven Koch sind in folgender Reihenfolge erschienen: - Dünengrab (Grab am Strand) - Dünentod (Tödliche Falle) - Dünenkiller (Tod auf dem Meer) - Dünenfeuer (Falsches Spiel) - Dünenfluch (Die Frau am Strand) - Dünenblut (Schatten der Vergangenheit) - Dünensturm (Tödliche Geheimnisse) - Dünenwahn

Sven Koch, geboren 1969, lebt und arbeitet als Tageszeitungsredakteur in Detmold. Nach der Aufnahmeprüfung an den Filmhochschulen München und Berlin entschied er sich für eine journalistische Laufbahn und ist als Redakteur mit dem Schwerpunkt Nachrichten und Kultur tätig. Daneben ist Sven Koch in der künstlerischen Fotografie aktiv und hat in mehreren regionalen Ausstellungen seine Bilder präsentiert. Seit vielen Jahren steht er zudem als Rockmusiker auf der Bühne. Koch schreibt seit frühester Jugend. Bei Droemer/Knaur erschienen bislang seine Thriller-Reihe um die Kriminalpsychologin Alex Stietencron und die an der deutschen Nordseeküste in Ostfriesland angesiedelten 'Dünen'-Krimis - verfilmt von MadeFor Film für RTL, mit Henrik Duryn und Pia-Micaela Barucki in den Hauptrollen. Für Fischer/Scherz schreibt er unter dem Pseudonym Pierre Lagrange die Provence-Krimis um den pensionierten Commissaire Albin Leclerc. Mehr Infos und Aktuelles unter www.sven-koch.com

1.


Der Nebel kroch wie ein lebendiges Wesen von der See her in die Bucht. Innerhalb weniger Minuten schob er sich, unbemerkt von allen Schlafenden, lautlos über das schwarze Watt und den weißen Sand, glitt mühelos über den Deich und den mit Sanddorn und Hagebuttenbüschen undurchdringlich bewachsenen Küstenstreifen. Im Hafen schloss er die vor Anker liegenden Boote und Schiffe ein. Schließlich erfüllte er den gesamten Ort mit seinem eiskalten Atem und machte jeden Blick auf den sternklaren Himmel in dieser vormals warmen Juninacht unmöglich.

Jeder, der an der Küste lebt, weiß, wie der Nebel entsteht, dachte Fokko Broer. Warme Luft trifft auf kaltes Wasser oder kalte Luft auf warmes Wasser. Der Nebel taucht wie aus dem Nichts auf, und wer sich nicht auskennt oder im Watt ohne Kompass unterwegs ist, muss sich unweigerlich darin verirren. Priele, Schlickfelder oder Baggerlöcher sind lebensgefährliche Hindernisse. Immer wieder geschehen hier Unglücke, Sommer für Sommer. Einmal hat der Nebel spielende Kinder überrascht. Sie sind in einen der mäandrierenden Wasserläufe gestürzt, die im Wattenmeer bei Flut zu reißenden Strömen anwachsen. Der Junge hat überlebt. Seine Schwester nicht. Nordsee ist Mordsee, heißt es, und das Sprichwort hat seinen guten Grund. Aber man sagt auch, dass das Meer irgendwann alles zurückgibt, was es sich genommen hat. Und in der Werlesieler Gegend erzählt man den Kindern am flackernden Lagerfeuer in den Dünen oder in langen Winternächten am Kamin die Gruselgeschichte, wie mit dem Nebel das ertrunkene Mädchen käme und nach seinem Bruder suche. Ihr dünnes Haar hängt voller Seetang, die Augen sind weiß wie der Nebel selbst. Mit der verknöcherten, von Muscheln verkrusteten Hand klopft sie an die Fenster und ruft mit gurgelnder Stimme seinen Namen – um ihn mitzunehmen in die kalten Tiefen. Dann wird hinter dem Rücken auf Holz geklopft, um das Pochen der eisigen Hand zu imitieren: Klopf, klopf, klopf …

Fokko Broer fröstelte. Er stand mit bloßem Oberkörper am offenen Fenster seines reetgedeckten Hauses weit außerhalb von Werlesiel und hing seinen Gedanken nach. Er hatte sich eben einen Tee gekocht und einen ordentlichen Schluck Rum dazugegossen, oder besser: dem Rum ein wenig Teegeschmack hinzugefügt. Er trank einen Schluck und genoss das Brennen in der Speiseröhre als Kontrast zu der Kühle, die der Seenebel mit sich führte. Es war ein heißer Tag gewesen, und im Haus war es immer noch stickig und schwül. Ein Klima, in dem seine Schlaflosigkeit, die Krankheit vieler alter Männer, prächtig gedieh. Gegen Mitternacht hatte Fokko sich aufs Bett gelegt und sich von einer Seite auf die andere gewälzt. Schließlich war er eingenickt, um wenig später schweißgebadet aus einem wirren Traum zu erwachen. Der Wecker zeigte1.20 Uhr an. Seither wanderte er wie so oft rastlos im Haus hin und her und hoffte, dass der Alkohol ihn endlich müde werden ließe.

Fokko sog ein Stück Kandis ein, lutschte daran, strich sich mit der Hand über den weißen, kurz gestutzten Bart und knackte den Zuckerklumpen mit den Backenzähnen. Es hörte sich unnatürlich laut an und dröhnte in seinem Kopf. Dann blickte er wieder nach draußen in das Nichts. Die Lampe der Außenbeleuchtung war nur noch als irrlichternder Schemen zu erkennen. In der Ferne röhrte ein Nebelhorn vom offenen Meer her. Als das Geräusch verklungen war, wurde es wieder grabesstill.

Fokko wollte sich gerade umdrehen, um zu sehen, ob etwas im Nachtprogramm lief, womit er sich ablenken konnte, als er ein Geräusch wahrnahm. Er stellte die Teetasse zur Seite und lauschte vergeblich in die Leere. Er beschloss, dass wahrscheinlich sein Kater Smutje draußen eine Maus jagte. Andererseits hatte Smutje eben noch unter dem Küchentisch gelegen, und die Haustür war verschlossen. Na ja, dachte Fokko, dann vielleicht eine andere Katze, oder es tappte ein Fasan durch das Gras.

Doch da war wieder etwas, und nun hörte Fokko sehr genau hin. Waren das Schritte? Ja, da waren Schritte, und sie klangen zu schwer und zu unregelmäßig, um von einem Tier zu stammen. Es klang so, als patschte etwas auf dem Bitumen der Küstenstraße, als schleppte sich jemand auf nassen Füßen voran. Die Schritte kamen näher und raschelten im Kies auf der Einfahrt. Zu dem Geräusch gesellte sich ein Keuchen und Wimmern.

Fokkos mit Altersflecken gesprenkelte Hände zitterten. Er erschauderte. Jemand war da draußen und wollte offenbar zu ihm, aber für einen Spontanbesuch war es weder die passende Uhrzeit noch das richtige Wetter. Niemand würde sich bei dem Nebel vor die Tür begeben, wenn es nicht unbedingt sein musste.

»Hallo?«, rief Fokko in die Nacht. »Ist da jemand?«

Als Antwort kam ein Stöhnen. Die Schritte wurden schneller, hatten nun die Einfahrt überwunden und klangen hohl und schleppend auf der Holztreppe, die zur Veranda führte. Wenig später kratzte etwas an der Haustür und pochte dagegen: Klopf, klopf, klopf …

»Bitte«, klang eine dünne Frauenstimme wie durch Watte. »Bitte«, flehte sie erneut und schniefte.

Fokko Broer wurde heiß und kalt. Was, zum Teufel, war da los? Er fasste nach dem Bademantel, der über einer Stuhllehne hing, warf ihn im Gehen über, eilte zur Tür und öffnete sie. Was er sah, verschlug ihm den Atem.

Vor ihm stand eine Frau. Sie mochte vielleicht zwanzig Jahre alt sein, taumelte an ihm vorbei und zog eine leichte Alkoholfahne hinter sich her. Sie trug ein kurzes rotes Kleid und war barfuß. Auf den Oberschenkeln zeichneten angetrocknete Blutrinnsale ein bizarres Muster, das auf der linken Seite an der Wade in eine Tätowierung überging. Die Oberarme waren ebenso