: Werner Thuswaldner
: Das Jubiläum
: Otto Müller Verlag
: 9783701362035
: 1
: CHF 14.50
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: Humor, Satire, Kabarett
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zunächst scheint Georg Langenbucher mit seiner penetranten Ehr- und Titelsucht recht gut zu fahren. Mit Hilfe seines Sekretärs, des Ich-Erzählers, gelingt es ihm, eine Scheinakademie aufzuziehen. Sie vergibt hochtrabende Schwindel-Ehrungen, und Rektor Langenbucher emp-fängt umgekehrt echte, solide Ehrungen von Universitäten und seriösen Institutionen. Im Übrigen kümmert sich die 'Akademie' um ein weltbekanntes Lied, das bald ein rundes Jubiläum feiern wird. Leider steht fast zeitgleich auch in Deutschland ein bedeutendes Jubiläum bevor: Luthers Thesenanschlag vor 500 Jahren. Die Akademie unternimmt groteske, skurrile An-strengungen, um in einer Art 'Parallelaktion' zwischen Österreich und Deutschland (ähnlich einer, die Robert Musil im 'Mann ohne Eigenschaften' beschrieben hat), die Feierlichkeiten in Thüringen zu übertrumpfen. Hier liegt ein höchst amüsanter Roman vor, der ein Feuerwerk an Absurditäten abzubrennen scheint, sich mit seiner Schilderung von Eitelkeit, Verblendung, Wahnsinn und Lächerlichkeit aber tragisch nah an der Grenze österreichischer Wirklichkeit bewegt. Er kann als Zukunftsroman, Zeitroman und Kriminalroman gelesen werden. Vor allem aber ist es ein Schelmenroman.

Werner Thuswaldner wurde 1942 in Kärnten geboren, er studierte Germanistik und Geschichte und promovierte mit einer Dissertation über Peter Handke. Mehr als zwanzig Jahre lang leitete er das Feuilleton der 'Salzburger Nachrichten'. Neben zwei Romanen verfasste Thuswaldner mehrere Hörspielserien für den ORF, ein Fernsehspiel sowie eine Reihe von Sach- und Kinderbüchern. Seine Theater stücke 'Wünsche ans Leben' und 'Könige unter sich' wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Das Stück, 'Götterspeise oder Landung in St. Jakob' wird im Sommer 2013 von den Komödienspielen Schloss Porcia uraufgeführt. Werner Thuswaldner lebt mit seiner Familie in Salzburg.

Seine Tour mit den Ehrenurkunden machte Langenbucher mit Rita und dem Fotografen Buzek. Er klapperte alle Orte ab, in die einst Gruber und Mohr einen Fuß gesetzt hatten. Auch die neuen Verantwortlichen dort bekamen eine Ehrenurkunde, wenn auch eine etwas kleinere als jene, die schon seit Jahren in den Haupt-Gedenkorten diese Funktion innehatten. Zugleich führte Langenbucher Gespräche mit Bürgermeistern über das Anbringen von Gedenktafeln. Er redete zu ihnen von der Belebung des Steinmetzgewerbes und veranlasste sie dazu, jeweils das nächste Dorffest als Benefizaktion aufzuziehen, um das nötige Geld zu akquirieren.

Rita brachte mir kurze Berichte von diesen Aktionen samt den Fotos, die Buzek gemacht hatte. Ich sollte möglichst viele davon in den nächsten Mitteilungsblättern unterbringen. Ein einziges Foto ist in einer Lokalzeitung erschienen. Langenbucher ließ sich seine Enttäuschung darüber nicht anmerken und hatte schon den nächsten Plan: Bei jeder Enthüllung einer neuen Gedenktafel wollte er samt Fotograf Buzek dabei sein.

„Es geht ja auch um die Dorfchroniken, die der Reihe nach geschrieben werden. Dafür werden immer wieder attraktive Fotos gebraucht, und die haben dann Jahrzehnte lang Bestand, im Unterschied zu den Fotos in den Zeitungen. In den Zeitungen hilft nur permanente Präsenz.“

Nein, auf dieser Ebene wollte ich nicht mehr weitermachen. War das Lied nun ein Weltlied oder war es keines? Also musste Weltformat her. Ich dachte nach, es fiel mir etwas ein. Aber mit wem konnte ich darüber reden? Um Langenbucher aus seiner provinziellen Selbstzufriedenheit herauszureißen, musste ich ihn über die Bande anspielen, das war mir klar. Über meinen Vorschlag wollte ich zunächst behutsam mit Dora sprechen. Auf sie verließ ich mich inzwischen vollkommen. Wir waren längst zum vertraulicheren Du gewechselt. Doch bevor ich sie um Rat fragen konnte, musste ich mein Versprechen, Stockklausner zu besuchen, einlösen.

Ich hatte ein düsteres, altdeutsches Interieur erwartet, aber das Wohnzimmer war hell, sparsam eingerichtet, sachlich und zeitgemäß. An zwei Wänden standen volle Bücherregale, und es gab einige Bilder, die ein Kunstkenner angeschafft hatte. Es roch