: F. Scott Fitzgerald
: Lutz-W. Wolff
: Bernice schneidet ihr Haar ab Erzählungen
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423413282
: 1
: CHF 8.00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Meisterhaft neu übersetzt von Lutz-W. Wolff Nach den beiden berühmten Romanen>Der große Gatsby< und>Zärtlich ist die Nacht< erscheinen nun auch die besten Kurzgeschichten F. Scott Fitzgeralds bei dtv. Die Verfilmung von>Der seltsame Fall des Benjamin Button< im Jahr 2008 hat viel Aufmerksamkeit auf die kürzeren Texte des Autors gelenkt, die durch ihre sprachliche wie poetische Kraft bestechen. In der Neuübersetzung von Lutz-W. Wolff erstrahlen diese Meisterwerke in neuem Glanz.

F. Scott Fitzgerald, geboren am 24. September 1896 in St. Paul, Minnesota, studierte an der Princeton University Literatur, brach das Studium aufgrund seiner Leidenschaft für das Schreiben jedoch bald ab. 1920 erschien sein erster Roman'Diesseits vom Paradies'. Während seiner Reisen nach Frankreich lernte er in Paris Ernest Hemingway kennen und vollendete dort 1925 sein berühmtestes Werk'Der große Gatsby', das sich zu Lebzeiten allerdings nicht gut verkaufte. Auch seine späteren Werke waren finanzielle Misserfolge, Fitzgerald verfiel dem Alkohol und hatte Depressionen. Ab 1937 arbeitete er als Drehbuchschreiber in Hollywood, wo er am 21. Dezember 1940 starb.

Bernice schneidet ihr Haar ab


Wenn man sich an Samstagabenden nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Golfplatz an den ersten Abschlag stellte, lagen die Fenster des Country Clubs wie ein gelber Horizont über einem schwarzen, bewegten Meer. Die Wellen dieses Meeres waren die Köpfe der vielen neugierigen Caddies, der etwas schlaueren Chauffeure und der tauben Schwester des Golflehrers. Normalerweise gab es auch ein paar andere, sanfte Wellen, die genauso gut im Inneren hätten plätschern können, wenn sie gewollt hätten. Das war die Galerie.

Der »Balkon« befand sich im Inneren. Er bestand aus einem Kreis von Korbstühlen an den Wänden des großen Clubraums, der an diesen Abenden zum Ballsaal wurde. Dieser Bereich war erfüllt von einem großen weiblichen Stimmengewirr, hervorgerufen von Damen mittleren Alters mit scharfen Augen und eisigen Herzen hinter Lorgnetten und breiten Busen. Die Hauptfunktion des Balkons war kritischer Natur. Gelegentlich zeigte er widerwillige Bewunderung, aber gebilligt wurde hier gar nichts, denn unter Damen über fünfunddreißig ist wohlbekannt, dass die jungen Leute nur die übelsten Absichten hegen, wenn sie sich im Sommer zum Tanz treffen, dass verirrte, einzelne Pärchen in den Ecken barbarische Dinge tun, wenn sie nicht ständig mit versteinerten Blicken traktiert werden, und dass die beliebtesten und gefährlichsten Mädchen manchmal sogar in den geparkten Limousinen ahnungsloser Matronen geküsst werden.

Aber letztlich ist dieser Kreis von Kritikerinnen nicht nahe genug an der Bühne, um die Gesichter der Schauspieler sehen zu können und die subtilen Nuancen der Handlung genau zu erfassen. Sie können nur die Stirn runzeln und die Köpfe zusammenstecken, Fragen stellen und befriedigte Schlüsse aus ihren Prinzipien ziehen, zu denen unter anderem gehört, dass jeder junge Mann mit einem höheren Einkommen das Leben eines gejagten Rebhuhns führt. Das eigentliche Drama der trügerischen, halbgrausamen Welt der Adoleszenz können sie niemals begreifen. Nein, die Hauptdarsteller, der Chor, die »Logen« und das »Parkett« befinden sich in jenem Wirbel von Gesichtern und Stimmen, der sich zu den klagenden afrikanischen Lauten von Dyer’s Orchester im Tanz wiegt.

Vom sechzehnjährigen Otis Ormonde, der noch zwei Jahre auf der Hill School bleiben muss, bis zu G. Reece Stoddard, der zu Hause über dem Schreibtisch schon ein juristisches Diplom aus Harvard hängen hat, von der kleinen Madeleine Hogue, die sich immer noch seltsam und unbehaglich mit der hochgesteckten Frisur fühlt, bis zu Bessie MacRae, die schon ein bisschen zu lange – mehr als zehn Jahre – der Mittelpunkt jeder Party ist, bildet dieses bunte Durcheinander nicht nur die eigentliche Bühne, sondern umfasst auch die einzigen Leute, die einen ungehinderten Blick darauf haben.

Mit einem Tusch hört die Musik auf. Die Paare tauschen ein müheloses, künstliches Lächeln, wiederholen spöttisch die letzten Takte:la-di-da-da dum-dum, und dann übertönt das Gickern junger weiblicher Stimmen das Beifallklatschen.

Ein paar enttäuschte junge Männer, die gerade abklatschen wollten und mitten auf der Tanzfläche vom Ende der Musik überrascht worden sind, kehren lustlos an die Wände zurück. Hier ging es nicht so wild wie bei den Bällen zur Weihnachtszeit zu. Die sommerlichen Tanzereien wurden als nette, anregende Feste betrachtet, wo auch die Jungverheirateten noch gelegentlich aufstanden und zur gutmütigen Erheiterung ihrer j