: Erika Pluhar
: Paar Weise Geschichten und Betrachtungen zur Zweisamkeit
: Residenz Verlag
: 9783701742554
: 1
: CHF 8.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 220
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Bestseller-Autorin nähert sich auf humorvolle und poetische Weise dem Mysterium Paar. Das Paar als Denkmal, das Paar als Ruine, das Paar als Arena, das Paar als Falle, das Paar als Abgrund, das Paar als Traum. Und dazu allerlei unerhörte Paare, verkuppelt vom Zufall, von der Sehnsucht oder vom hinterlistigen Leben: Da bildet ein kleines Mädchen mit seinem erfundenen Vater ein prachtvolles Lügner-Team; eine junge Frau verbündet sich mit ihrem ungeborenen Kind gegen dessen Erzeuger, den einzig seine künstlerische Arbeit beschäftigt; durch die Trennscheibe in einem Gefängnis-Sprechraum blühen zwischen Häftling und Besucherin grelle Erinnerungen auf... Mit diesen und anderen Begegnungen spürt Erika Pluhar dem rätselhaften dritten Wesen ‚Paar' nach, das Gelegenheitsbekannte ebenso wie Liebende unweigerlich hervorbringen und das rasch machtvoll auf die beiden Individuen zurückwirkt. In Erzählungen und Gedichten führt sie uns die Verwandlung vor Augen, die Menschen widerfährt, wo immer einer sich am nächsten zu stärken sucht oder sich im anderen verliert - wenn einen das gepaarte Leben heimsucht, streift oder ergreift.

Erika Pluhar war seit ihrer Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar bis 1999 Schauspielerin am Burgtheater in Wien. Sie textet und interpretiert Lieder, hat Filme gedreht und Bücher veröffentlicht, darunter 'Marisa, Rückblenden auf eine Freundschaft' (1996), 'Am Ende des Gartens, Erinnerung an eine Jugend' (1997) und die Romane 'Matildas Erfindungen' (1999) und 'Ein Fisch lernt fliegen' (2000). 'PaarWeise' (2007) war ihr erstes Buch im Residenz Verlag. Seither erschienen ihr Roman 'Er' (2008) und ihre gesammelten Lieder 'Mehr denn je' (2009) bei Residenz. 2009 erhält Erika Pluhar den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln.

Im Zug


Der Intercity Schnellzug fuhr pünktlich von Frankfurt ab. Er beschloß, sich gleich in den Speisewagen zu setzen, denn er hatte seit dem Morgen nichts gegessen, und er hatte Lust auf ein Glas Weißwein. Die Kellner trugen Bierkisten vorbei und beachteten ihn eine Weile lang nicht. Er schaute aus dem Fenster. In der getönten Scheibe sah er sein Gesicht gespiegelt. Dahinter glitten Häuser vorbei. Der Zug überquerte einen Fluß.

Er betrachtete seine hervorspringende Nase, die schlecht rasierte Oberlippe, die schweren Linien neben seinem Mund. Ich sehe alt aus, stellte er fest. Da die Sonne durch das Waggonfenster auf ihn fiel, hing er selbst, in vorgebeugter Haltung, beide Unterarme auf den Tisch vor sich gelegt, überdeutlich vor der vorbeifliegenden Landschaft. Das wird nichts mehr Rechtes, dachte er, strich aber mit der einen Hand sein Haar hinter das Ohr. Dann versuchte er, die Augenbrauen etwas höher zu ziehen, doch dadurch gerieten sie über den Rand seiner dunklen Brillen und gaben seinem Gesicht etwas Clowneskes. Ich gebe auf, war sein nächster Gedanke. Eine Weile starrte er noch auf das hell beleuchtete Gesicht, hinter dem jetzt ein rötlicher Herbstwald durch das Fenster zog. Dann wandte er sich der Speisekarte zu.

Verwundert, hier finnische Spezialitäten angeführt zu finden, wählte er eine Erbsensuppe mit kompliziertem Namen und gefüllte Piroggen. Einer der Kellner trat an seinen Tisch, nahm die Bestellung entgegen, brachte kurz darauf den Weißwein und stell