: Wolfgang Petritsch
: Bruno Kreisky Die Biografie
: Residenz Verlag
: 9783701742400
: 1
: CHF 9.00
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 424
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die umfassende Biografie zum 100. Geburtstag des legendären Politikers! Bruno Kreisky war ein Mann mit Eigenschaften. Er besaß Charisma und Spontaneität, war abwägend und impulsiv, zugleich aber der politischen Aufklärung verpflichtet. Bruno Kreisky hatte eine lebenslange Vision: die Menschen in Arbeit halten. Seine faszinierende und durchaus widersprüchliche Persönlichkeit ist das Ergebnis eines außergewöhnlichen Lebens. Er war Sozialist aus bürgerlicher Familie, saß in den Gefängnissen der Austrofaschisten und der Gestapo, überlebte Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg als Emigrant in Schweden, wo er Demokratie und Sozialstaat kennenlernte und sie als reale Alternative zum Österreich der dreißiger Jahre verstand. Am Wiederaufbau seiner Heimat entscheidend beteiligt, hat Bruno Kreisky sein Land geprägt wie niemand sonst. Diese umfassende Biografie beruht auf der jahrzehntelangen Beschäftigung des Autors mit dem Phänomen Kreisky. Als enger Mitarbeiter konnte Wolfgang Petritsch ungewöhnliche Einblicke in das Denken und Handeln des Porträtierten gewinnen.

Wolfgang Petritsch, geboren 1947 in Klagenfurt, war von 1977 bis 1983 Sekretär von Bundeskanzler Bruno Kreisky. Ab 1997 österreichischer Botschafter in Belgrad, danach EU-Sondergesandter für Kosovo und europäischer Chefverhandler in Rambouillet und Paris. Anschließend war Petritsch von 1999 bis 2002 als Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft Zivilverwalter von Bosnien und Herzegowina. Unter seiner Leitung wurden 2001 die Verhandlungen der jugoslawischen Nachfolgestaaten erfolgreich abgeschlossen. Von 2002 bis 2008 Botschafter bei UNO und WTO in Genf, ist Petritsch derzeit österreichischer Vertreter bei der OECD in Paris. Petritsch ist Träger des Europäischen Menschenrechtspreises 2006, Straßburg.

1. Kapitel


Kindheit und Jugend


1.


„Zehn Jahre jünger müsste man sein …!“, sinnierte der vom Alter und seiner schweren Krankheit gezeichnete Bruno Kreisky in einem unserer letzten Gespräche, wenige Tage nach dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989. Mit resigniertem Bedauern über seine altersbedingte Gebrechlichkeit, jedoch geistig auf der Höhe der Zeit, verfolgte der bedeutendste Staatsmann der Zweiten Republik die sich überstürzenden politischen Ereignisse der historischen Zeitenwende 1989.

Wenige Monate später, am 29. Juli 1990, ist er neunundsiebzigjährig in seiner Geburtsstadt Wien gestorben. Der Kalte Krieg, der Kreiskys mehr als dreißigjährige politische Karriere als Staatssekretär und Außenminister, Parteichef der SPÖ und Vizepräsident der Sozialistischen Internationale, Führer der Opposition und am längsten dienender Bundeskanzler der Republik Österreich geprägt hatte, war mit dem Fall der Berliner Mauer zu Ende gegangen. Der Zerfall des sowjetischen Imperiums, das Ende des großen Ringens der Ideologien zwischen Ost und West war aber nicht bloß der letzte Bruch in einem an biografischen und politischen Umbrüchen reichen Leben. Der Kalte Krieg war auch, so muss man es wohl sehen, der letzte Ausläufer jenes 19. Jahrhunderts, das die Themen des 20. vorgegeben hatte: Nationalismus, Sozialismus, Faschismus. Sie bildeten die ideologischen Konstanten im ereignisreichen Leben Bruno Kreiskys.

2.


Bei seiner Geburt im fünften Wiener Gemeindebezirk, am 22. Jänner 1911, hatte das Habsburgerreich, die k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn, noch knapp acht Jahre, davon vier Kriegsjahre, bis zu ihrem endgültigen Untergang vor sich. Bruno Kreiskys Familienbiografie reicht weit zurück in Geschichte und Geografie dieses multiethnischen Imperiums. „Ich habe mich immer als Ergebnis jenes gewaltigenmelting pot gefühlt, der die Monarchie nun einmal war“, hielt Kreisky in seinen 1986 erschienenen MemoirenZwischen den Zeiten fest, „als Ergebnis einer brodelnden Mischung von Deutschen, Slawen, Magyaren, Italienern und Juden.“ Aber auch das politische Spektrum der Familienmitglieder auf väterlicher wie auf mütterlicher S