: Elisabeth Herrmann
: Das Dorf der Mörder Kriminalroman
: Goldmann
: 9783641092870
: Sanela Beara
: 1
: CHF 8.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein grandioser psychologischer Spannungsroman.
Ein grausamer Mord ereignet sich im Berliner Tierpark. Eine der Ersten, die am Tatort eintrifft, ist die junge Streifenpolizistin Sanela Beara: ehrgeizig, voller Tatendrang und entschlossen, dem Fall auch gegen den Willen ihres Vorgesetzten auf den Grund zu gehen. Denn die Schuldige ist schnell gefasst - zu schnell, wie Sanela glaubt. Während der Öffentlichkeit die geständige Mörderin Charlie Rubin präsentiert wird, hat Beara Zweifel. Zweifel, die auch den Psychologen Jeremy Saaler plagen, der ein Gutachten über Charlies Zurechnungsfähigkeit erstellen soll. Unabhängig voneinander haben beide den gleichen Verdacht: Der Mord im Tierpark hängt mit Charlies Kindheit in einem kleinen Dorf in Brandenburg zusammen. Ein dunkles, mörderisches Rätsel lockt sie nach Wendisch Bruch - direkt ins Visier eines Gegners, der die Totenruhe im Dorf um jeden Preis bewahren will ...

Elisabeth Herrmannwurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Nach ihrem Studium als Fernsehjournalistin arbeitete sie beim RBB, bevor sie mit ihrem Roman 'Das Kindermädchen' ihren Durchbruch erlebte. Fast alle ihre Bücher wurden oder werden derzeit verfilmt: Die Reihe um den Berliner Anwalt Joachim Vernau sehr erfolgreich vom ZDF mit Jan Josef Liefers. Elisabeth Herrmann erhielt den Radio-Bremen-Krimipreis, den Deutschen Krimipreis und den Glauser für den besten Jugendkrimi 2022. Sie lebt mit ihrer Tochter in Berlin und im Spreewald.

2

Der Pekari-Eber, ein gedrungenes Paket aus Muskeln, mit breitem Kopf und kleinen dunklen Augen, scharrte mit den Klauen. Er schob etwas vor sich her, schnüffelte, ließ es liegen und trampelte es beim Abwenden in den Mulch. Es war hell, blutverschmiert und hatte fünf Finger.

Die Frau, die den Notruf abgesetzt hatte, hieß Katharina Spengler. Sie war Erzieherin und verlor offenbar gerade die Kontrolle über ein Dutzend Kinder im Vorschulalter. Sanela hatte sie in der Menge bei dem verzweifelten Versuch entdeckt, ihre Schützlinge zusammenzutreiben und irgendwo ein Stück weiter weg zu versammeln.

»Machen Sie den Weg frei!«, rief Sanela. Ein paar Leute reagierten, der Rest rottete sich noch dichter vor dem Gehege zusammen. Einige hielten Handys hoch und fotografierten. Für wen? Für was? Sanela wusste, dass die Bilder Sekunden später auf ewig im Internet herumgeistern würden.

Sie schnappte dem Nächstbesten, einem jungen, dicklichen Mann mit teigiger Gesichtsfarbe, der um diese Tageszeit entweder in der Schule oder am Ausbildungsplatz zu sein hatte, sein Handy weg.

»Hallo?«, fuhr er sie an. Er trug die Uniform des Ostberliner Prekariats: Baseballkappe, Turnschuhe mit offenen, verdreckten Schnürsenkeln und eine weite, auf den Knöcheln schleifende Jeans.Moonwashed. Das war im Westen schon wieder out.

»Sie können es sich auf der Wache abholen, nachdem wir es gecheckt haben.«

»Ey, Alte …«

»Ey, Junge«, pfiff Sanela ihn an. »Ich kann auch anders. Papiere?«

Sie konnte gar nicht so schnell Hallo rufen, wie der Mann in der Menge untertauchte. Einige der Leute, die die Szene mitbekommen hatten, steckten ihre Apparate weg und suchten ebenfalls das Weite. Unschlüssig hielt sie das Handy in der Hand. Ein iPhone der neusten Generation, erst seit ein paar Wochen auf dem Markt. Wahrscheinlich hatte er es irgendwo in der U-Bahn einer verschüchterten Vierzehnjährigen weggenommen. Sie sah Sven in der Menge auftauchen.

»Auseinander bitte! Hier gibt es nichts zu sehen!«, rief er.

Sie steckte das Handy ein und wandte sich an Katharina Spengler. Eine große, kräftige Frau – zumindest in Sanelas Augen, denn sie wurde von der Erzieherin um eine Haupteslänge überragt.

»Kommen Sie. Wir suchen uns einen Platz, wo wir uns in Ruhe unterhalten können, bis die Kollegen kommen«, sagte Sanela.

Ein schnelles Protokoll, ein kurzer Blick in den Ausweis, dann wäre die Frau erlöst und könnte sich darum kümmern, ihre Schar einzusammeln und zurück in den Hort zu bringen.

»Ich hab’s gesehen!«

Ein Mädchen, fünf oder sechs Jahre alt, drängte sich zu ihnen durch. Eine kleine orientalische Märchenprinzessin. Ungestüm warf sie sich in Katharina Spenglers Arme, die das Kind an sich drückte und ihm einen schnellen Kuss auf den Scheitel gab.

»Nichts hast du gesehen, Dilshad. Wo ist Frau Kramer? Sie war doch mit der anderen Grupp