: Nicola Förg
: Hundsleben
: Emons Verlag
: 9783863580346
: 1
: CHF 7.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dr. Johanna Kennerknecht, kurz 'Jo', ist mit einer Delegation von Tourismusvertretern in der bayerischen Vertretung in Berlin eingeladen. Teil der Veranstaltung: eine Vernissage von Leonora Pia Pfaffenbichler. Allein - die Dame erlebt ihre eigene Ausstellungseröffnung nicht, sondern liegt erschlagen auf der Toilette. Die Künstlerin und ihr Tierschutzhof waren zu Hause im Pfaffenwinkel den bäuerlichen Nachbarn ein echter Dorn im Auge. Zudem hatte sie Ärger mit anderen Tierschutzorganisationen und mit Verwandten von Spendern - Verdächtige zuhauf also. Aber wo liegt die mörderische Verbindung zwischen Berlin und dem äußersten Südwesten der Republik? Eine echte 'Viecherei' für den bodenständigen Kommissar Gerhard Weinzirl: Hundstage an der Ammer, Mordskunst an der Spree.

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.

EINS

Es war wieder so weit. Es war unvermeidbar, und es griff um sich wie eine Seuche. Am ersten Tag nur einmal, bald schon im Zweistundenrhythmus, um sich im furiosen Finale des vierten Advents dann so zu steigern, dass man es nahezu minütlich ertragen musste.»Last Christmas I gave you my heart, but the very next day you gave it away.« Es whamte wieder, und unweigerlich drängten sich da Bilder von George Michaels Achtziger-Jahre-Föhn-Inferno-Frisur vors innere Auge und jedes Bild dieses Videos, das Aliens – sollten Außerirdische mal Jahrmillionen später landen und die Überreste einer Zivilisation entdecken – in schiere Bestürzung treiben würde. Es war wieder so weit: Die stufenweise Weihnachtswahnsinnseskalation hatte die Endzeit erreicht.

Es war Weihnachtsmarkt in Weilheim, der ausnahmsweise entgegen der üblichen Terminierung am letzten Adventswochenende stattfand. Gerhard hatte frei und hatte sich zu einem Frühschoppen auf dem Markt eingefunden. Er hatte erfolgreich ein Gespräch bei den Bürgern von Weilheim abgeblockt und seiner Vermieterin Gundula glaubhaft versichert, dass er leider gar keine Zeit für ein Referat bei der Hausaufgabenbetreuung von sozial schwachen Kindern habe. Er hatte sich auch dem Eine-Welt-Laden verweigert, wo er eine Petition für einen Mann im fernen Sezuan hätte unterzeichnen sollen, etwas von »als Polizist keine politischen Äußerungen machen« murmelnd. Sezuan, war das nicht irgendwas mit Gulasch? Ach nein, das war Szeged, Sezuan hatte doch meist mit Schweinefleisch süßsauer zu tun. Was ihn daran gemahnte, dass er Hunger hatte. Um sicherzugehen und nicht in die kulinarische Vegetarierfalle bei den Betroffenenständen zu tappen, orderte er eine Leberkassemmel in der Metzgereifiliale, unweit vor deren Eingang zwei Schafe ein lebendes adventliches Bild abgaben, was Gerhard so Tür an Tür mit der Metzgerei doch eher bizarr fand. Er schlenderte rüber zu den blauen Jungs, schneidigen Burschen der Marine, die alljährlich hier waren. Immerhin gab es ja das Küchenminensuchboot Weilheim. Die blauen Jungs mit dem hervorragenden Glühwein, die ihrem Namen immer alle Ehre machten! Er hatte seinen Glühwein zur Hälfte leer getrunken, als sein Handy, dem er die bayerische Kulthymne »Vogelwiese«, eingespielt von den Schönberger Musikanten, als Klingelton verliehen hatte, sich meldete. Es war Melanie Kienberger, eine Kollegin, mit der er in diversen Sokos zu tun gehabt hatte. Gerhard lauschte mit zunehmender Beunruhigung.

»Melanie, was habe ich damit zu tun? Das ist wohl kaum Sache der Mordkommission«, sagte Gerhard. Das Schluchzen am anderen Ende war so laut, dass er unwillkürlich das Handy vom Ohr weghielt.

»Die sind doch alle krank. In Schongau haben alle die Magen-Darm-Grippe, die Füssener können wegen Glatteis nicht fahren, da ist das in Weilheim gelandet. Bei mir und Felix. Ich schaff das nicht, ich schaff das nicht, da hab ich Sie angerufen.« Der Rest ging in einem erneuten Schluchzen unter.

»Melanie, beruhigen Sie sich! Ich komme!« Na, das war ja toll. Nun musste er, sozusagen als Freundschaftsdienst, in die Einöde fahren. Er überlegte noch kurz, den Kollegen in Schongau zu informieren, aber er beschloss doch, erst hinterher vorbeizufahren. Hinter was nur? Das klang nämlich nicht gut, gar nicht gut. Das klang nach Ekel, und das klang, so viel war kla