: Christoph Wilkes, Johannes Wilkes
: Der Aldi-Äquator 4 Jungs, 20 Filialen, 660 Kilometer
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104018287
: 1
: CHF 9.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mitten durch Deutschland geht noch immer eine Grenze! Der Aldi-Äquator trennt unsere Heimat in Aldi Nord und Aldi Süd. Diese imaginäre Linie fahren vier Männer mit einem alten Ford Mondeo in einer Woche ab - von der tschechischen bis zur holländischen Grenze. Auf knapp 700 Kilometern machen sie Stippvisiten in den Aldi-Filialen und den Ortschaften drum herum. Auf ihrer Expedition begegnen den Abenteurern denkwürdige Äquatorbewohner, zweifelhafte Sonderangebote, menschenleere Parkflächen, krumme Einkaufswagen-Ketten und die Zufallsentdeckung Aldi-Aquavit. Ein witziger und kurzweiliger Reisebericht zwischen Ost und West, zwischen Gestern und Heute, ein Road-Movie der besonderen Art und ein charmanter Blick auf unsere deutsche Provinz!

Christoph Wilkes, geboren 1961, freier Redakteur, Autor und story analyst für Fernsehen, Film, Werbung, PR; Art Fotografie. Er lebt in Berlin. Dr. Johannes Wilkes, geboren 1961, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie; diverse Buchpublikationen (dtv, ars vivendi, Brunnen-Verlag). Er lebt in Erlangen.

Tag 2


Konradsreuth – Hof – Mödlareuth – Saalfeld – Sonneberg – Coburg


Der große Weg ist sehr einfach,

aber die Menschen lieben die Umwege.

Laotse

Am nächsten Morgen Verkehrslärm von der Konradsreuther Durchgangsstraße her. Laster, Laster, und was noch nicht alles auf zwei, drei, vier Achsen … Lauter als in der Großstadt. Land halt. (Wer Stille erwartet, kennt das Land mit nervenaufreibendem Kirchenglockenläuten, Muh-Kühen und unablässigem Vogelgezwitscher nur noch nicht – ganz abgesehen von Treckergebrumm und Mähdreschergedröhn.)

Die Auswirkungen des Durcheinandertrinkens von gestern halten sich bei mir, bilde ich mir ein, in Grenzen. Und die andern? Nun, man wird sehen.

Jetzt erst mal frühstücken. Crosse Croissants gibt’s, lecker’ Brötchen, Milch und Kaffee von der Bäckerei unten, gleich nebenan. Die Bäckerzunft ist, verständlicherweise, von den Backautomaten bei Aldi, die ja eigentlichAufbackautomaten sind, überhaupt nicht erbaut.

»Auch wenn Aldi sie anpreist – ›frisch‹ ist an den Aldi-Semmeln natürlich nix«, weiß Jo.

Denn die Backwaren seien von der Großbäckerei Lieken – während der kleine Bäcker am Eck um zwei Uhr in der Früh aufstehen muss, um seinen Kunden wirklich frische Ware, Brot und Brötchen mit Aroma und Geschmack, zu bieten. Nicht nur die Mehlverarbeiter, auch die Kuhhalter waren schon sauer auf Aldi – des drastischen Preisverfalls bei Milchprodukten wegen.

Im weiteren Verlauf dann hakelt es. Fast vollzählig hocken wir schon im Wagen, nur auf Jo noch wartend, der rasch seinen Pullover holen will, den er in der Wohnung oben liegengelassen hat.

Jablonski neben mir im Fond untersucht seine Hybridkamera – anachronistisch wirkend, das schwarze, klobige Stück Plastik.

»Irgendwo muss man hier das Benzin einfüllen. Gluckgluck …«

Gluckgluck, jaja … Wir grinsen uns an.

Ich nehme mir die Bild-Zeitung vor, die Jo in der Bäckerei gekauft hat, wohl wegen der Bundesliga-Spielberichte. Ein Sparkassenpräsident erteilt Bild-Lesern Rat: »Was Sie mit Ihrem Geld jetzt tun sollten …« Was für ’n Präsi? Was für Geld?

Frage ich mich – und bald fragen wir uns alle, wo Jo nur bleibt? Nichts von ihm zu sehen. Ob einer mal rausgeht, nach ihm schauen?

Da kommt er endlich. Und berichtet uns das Malheur. Steckte doch der Schlüssel in der Ferienwohnung leider innen im Schloss. Hätten wir nicht gemerkt, hätte Jo nicht noch mal hineingewollt. Ulf, der Letzte, der unsre Bleibe verlassen, hatte sich zwar gewundert, einen Überzieher dort rumliegen zu sehen, den aber leider – möglicherweise noch im Tran vom Abend zuvor – nicht mit rausgenommen. Der von Jo herbeigerufene Zimmerwirt jedenfalls kann die Wohnung nicht aufsperren. Ein Fall für den Schlüsseldienst. Der würde kosten. Die schöne, ob unsres späten Eintreffens kaum mehr erwartete Einnahme von der Nacht zuvor – perdu. So spielt das Leben. Beziehungsweise wir. Die Klamotte würde Jo nach Hause nachgeschickt werden.

Losrollen. Thema Fußball. Was für ein hinterhältiger Trick von Borussia-Dortmund-Hackern: Googelt man die Website von Schalke, erscheint der Bildschirm in Schwarz-G