Kapitel drei
Zugspitzgipfel, Kammhotel,11 Uhr45
John McFarland hatte den Anruf aus Langley gegen acht Uhr erhalten. »Operation Peak Performance angelaufen. Beobachtungsposten einnehmen.«
John McFarland wusste, was zu tun war. Er hatte sich seit sechs Uhr früh im Gym des »Edelweiss Lodge and Resort« die Zeit vertrieben. Er ging in sein Zimmer, duschte und zog die Bergsachen an. Dann schnappte er seinen Hartschalenkoffer mit dem restlichen Equipment und setzte sich in den geliehenen Ford. Er steuerte das Auto aus dem Edelweiss-Komplex und bog an der nächsten Ampel nach links ab. Auf der Bundesstraße fuhr er gemächlich ein paar Kilometer nach Süden am Fluss entlang. An der Abfahrt in Richtung Eibsee/Zugspitze fuhr er vorbei. Am nächsten Parkplatz hielt er an. Diese Stelle war wie geschaffen dafür, die Nummernschilder zu tauschen. Der Parkplatz lag nicht direkt an der Straße, sondern war durch eine Fichtenschonung vor Blicken Vorbeifahrender geschützt. Er holte die Dubletten aus dem Koffer. Die Originale der kopierten Nummernschilder hingen an einem silberfarbenen Ford im Westen der Republik. Er tauschte sie mit wenigen Handgriffen und steckte die abmontierten Nummernschilder in seinen großen Rucksack.
Anschließend fuhr er den Ford zurück auf die Bundesstraße und passierte keine fünf Minuten später die aufgelassene Grenzstation in Griesen. Damit befand er sich auf österreichischem Hoheitsgebiet. Sollte der Wagen von einer Kamera an der Staatsgrenze, an der seit Jahren keine Grenzkontrollen mehr stattfanden, aufgenommen und anschließend automatisch gescannt worden sein, würde für einen österreichischen Polizeicomputer der Ford eines Rentners aus Gummersbach über die Grenze gefahren sein. Etwas Normaleres konnte es an einem6. Januar nicht geben. Er parkte das Auto am Ortseingang Ehrwald, wo sich die aus Garmisch kommende Straße gabelte. Der Gewerbebau dort stellte seine Freifläche an Feiertagen als Parkplatz zur Verfügung. Von dort aus würde er in vier Richtungen den Rückzug antreten können: zurück nach Garmisch oder über den Fernpass in Richtung Italien, die Schweiz und an den Bodensee. Er würde, wenn alles glattginge, das Mietauto unversehrt am Montag oder Dienstag wieder abgeben. Und sollte nicht alles glattgehen, würde der Wagen frühestens am Mittwoch in Deutschland als gestohlen gemeldet werden. In Österreich würde man erst nach Tagen, vielleicht Wochen bemerken, dass der Ford mit dem Gummersbacher Kennzeichen jener war, der in Deutschland von Avis vermisst wurde. Die Nachhut würde das Auto rückstandsfrei verschwinden lassen. Das wäre dann allerdings sein kleinstes Problem.
Er packte seinen Ausrüstungskoffer in den geräumigen Rucksack zu den Nummernschildern und ging zu Fuß die wenigen hundert Meter zur Talstation der Tiroler Zugspitzbahn. Auf dieser Seite des Berges warteten weit weniger Skifahrer auf die Auffahrt als auf der deutschen. Die Kapazität der modernen Bahn mit einhundert Plätzen und