: Hans Küng
: Anständig wirtschaften Warum Ökonomie Moral braucht
: Piper Verlag
: 9783492951289
: 1
: CHF 7.80
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: Christliche Religionen
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wer könnte diese drängende Frage besser beantworten als Hans Küng? Seit er 1990 ein gemeinsames Weltethos vorgeschlagen hat (die Übersetzung liegt in 22 Sprachen vor), beschäftigt er sich mit dem Problem des gerechten Wirtschaftens. Der Sozialismus ist abgewirtschaftet, der Kapitalismus steckt in einer Krise - gibt es einen dritten Weg? So einfach ist es nicht, sagt Hans Küng. Er fragt nach den Grundlagen der Globalisierung ebenso wie nach der moralischen Begründung des Gewinns und den wahren Kosten der Marktwirtschaft. So plädiert er für einen Wertekanon, der dem Einzelnen wie der Gesellschaft insgesamt sagen kann, was »anständig« ist in der Wirtschaft - und was nicht.

Hans Küng, geboren 1928 in Sursee/Schweiz, gestorben 2021 in Tübingen, war Professor Emeritus für Ökumenische Theologie an der Universität Tübingen und Ehrenpräsident der Stiftung Weltethos. Er galt als einer der universalen Denker seiner Zeit. Sein Werk liegt im Piper Verlag vor. Zuletzt erschienen von ihm »Was ich glaube« - sein persönlichstes Buch -, »Erlebte Menschlichkeit«, der dritte Band seiner Memoiren, sowie »Sieben Päpste« und »Glücklich sterben?«.

Plädoyer für Menschenanstand


Dieses Buch ist kein publizistischer »Schnellschuss«. Es war seit langem in Arbeit. Unter der Parole »Anständig wirtschaften« präzisiere, konkretisiere und aktualisiere ich eine Botschaft, die ich schon vor mehr als zwei Jahrzehnten zum ersten Mal formulierte, die aber in all den Jahren ständig an Dringlichkeit und Akzeptanz gewann und durch die Weltwirtschaftskrise seit 2008 aktueller denn je geworden ist.

Im Jahr 1990, als das Sowjetimperium implodierte und die Globalisierung sich so auf dem ganzen Globus ausdehnen konnte, hielt ich vor dem Plenum des Weltwirtschaftsforums in Davos den Vortrag »Warum brauchen wir globale ethische Standards um zu überleben?«. Noch im selben Jahr veröffentlichte ich das programmatische Buch »Projekt Welt­ethos« und schrieb es später fort in der Studie »Weltethos für Weltpolitik und Weltwirtschaft« (1997). Meine dort formulierten Analysen und Thesen konnte ich verschiedentlich testen, vor allem in einem Vortrag vor der International Confederation of Stock Exchanges in Kuala Lumpur 1998 (»Ethical Standards for International Financial Transactions«) und auf einem hochkarätigen Symposion der Stiftung Weltethos in Baden-Baden 2001 über »Globale Unternehmen und globales Ethos« (»Der globale Markt erfordert neue Standards und eine globale Rahmenord­nung«). All diese Studien und die Erfahrungen ungezählter Begegnungen und Diskussio­nen weltweit auf Kongressen und Expertentreffen in den Folgejahren brachte ich ein in den Prozess für ein Manifest »Weltethos – Konsequenzen für globales Wirtschaften«. Es wurde in den Jahren 2008/09 von einer Expertengruppe der Stiftung Weltethos unter Federführung des Konstanzer Wirtschaftsethikers Prof. Josef Wieland erarbeitet.

So habe ich all die Jahre hindurch versucht hinzuzulernen, um die hochkomplexe Welt der Wirtschaft zu verstehen. Doch bin ich mir meiner Grenzen stets bewusst geblieben:

Ich kenne mich selbstverständlich in der nationalen und internationalen Finanzwelt nicht aus wie ein Finanzminister, stehe aber auch nicht unter dem Zwang, eine in vielem anfechtbare Wirtschaftspolitik in einem Buch rechtfertigen zu müssen.

Ich bin kein Ökonom – diese Spezialisten wissen auf ihren jeweiligen Fachgebieten unendlich viel mehr als ich –, darf mir allerdings gestatten, aus einer breiteren historischen, philosophischen, theologischen Perspektive kritische Fragen auch an die Wirtschaftswissenschaft zu stellen.

Ich bin kein Banker, der sich in all den »strukturierten Finanzprodukten«, in Hedgefonds und Derivaten auskennen würde, muss freilich auch nicht die Legitimität neuerer Geschäftsmodelle der Finanzbranche verteidigen, welche die Weltwirtschaft in eine Krise gestürzt haben.

Und ich bin auch kein Unternehmer oder Manager, der in den oft komplexen Entscheidungen seines Berufsalltags die Verantwortung für Hunderte oder Tausende Arbeitsplätze trägt. Wohl aber sorge ich mich mit vielen Zeitgenossen um den Zustand unserer Welt und bemühe mich durch umfassende Lektüre und immer neue persönliche Gespräche um ein differenziertes Verständnis auch der Wirtschaftswelt.

 

Damit ist schon der Horizont aufgezeigt, vor dem ich für ein »anständig Wirtschaften« werben möchte. Man kann dieses Programmwort als Indikativ verstehen, als rein sachliche Aussage, aber auch als Imperativ mit Ausrufezeichen, als dringend gebotene Forderung.

Doch was verstehe ich unter»anständig«? Die heutige Wirtschaftss