1. KAPITEL
Tamara Rayne eilte durch die Straßen von Melbourne. Die Absätze ihrer hochhackigen Stiefel klapperten laut auf dem Pflaster. Sie konnte es kaum erwarten, zum Ambrosia zu kommen, dem angesagtesten Restaurant der ganzen Stadt, einem wahren Gourmettempel, und gleichzeitig der Ort, an dem sie ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen hoffte.
Es regnete in Strömen, doch sie hatte keine Hand frei für einen Schirm, da sie mit zahllosen Taschen und Tüten beladen war.
Jetzt könnte ich einen Ritter in schimmernder Rüstung brauchen, dachte sie. Früher einmal hatte sie geglaubt, in Richard, ihrem verstorbenen Ehemann, so jemanden gefunden zu haben. Aber das war ein großer Irrtum gewesen! Schnell blinzelte sie ein paar Tränen des Ärgers über die verschwendeten Jahre mit ihm fort.
Sie erreichte das Ambrosia und drückte die schwere Eingangstür mit ihrem Po auf. Dabei wäre sie fast mit einem Ritter zusammengestoßen, der ihr von drinnen zu Hilfe entgegengeeilt kam.
Im Designeranzug, mit regenfeuchtem dunklem Haar, tiefblauen Augen und einem umwerfenden, verwegenen Lächeln wirkte er eher wie ein Pirat – ein Pirat der Geschäftswelt.
„Brauchst du Hilfe?“
Tamara vermutete, dass Ethan Brooks, ein stadtbekannter Frauenschwarm, dieses verwirrende Lächeln häufig und immer mit großem Erfolg einsetzte.
„Du bist wieder zurück!“, begrüßte sie ihn verhalten.
„Hast du mich vermisst?“
Sie war sich unsicher, wie sie auf seinen Flirtversuch reagieren sollte, denn genau dafür hielt sie die Frage. Deshalb antwortete sie schroffer als beabsichtigt: „Eigentlich nicht.“
Sie kannte Ethan nur flüchtig, hatte ihn im letzten Jahr höchstens dreimal in geschäftlichen Angelegenheiten getroffen. Warum behandelte er sie auf einmal so vertraulich?
„Zu schade.“ Er zuckte nur beiläufig die Schultern, lächelte breit und deutete auf ihre vielen Taschen.
„Soll ich dir damit helfen?“
Schnell unterdrückte sie den Impuls, auf dem Absatz kehrtzumachen und davonzulaufen. Stattdessen nickte sie. „Gern.“
Er nahm ihr etliche Taschen ab und stöhnte erstaunt auf. „Was trägst du da mit dir herum? Ziegelsteine für einen neuen Tandoor-Ofen?“
„Etwas fast ebenso Wichtiges.“ Tamaras Stimme schwankte l