: Helen Bianchin
: In der Bucht der Liebe Romana Bd. 1821
: Cora Verlag
: 9783862951079
: Romana
: 1
: CHF 2.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Taylors Herz klopft zum Zerspringen, als sie das Herrenhaus an der malerischen Bucht bei Sydney betritt. Hier wird sie von nun an leben. Zusammen mit dem kleinen elternlosen Ben - und dem italienischen Millionär Dante d'Alessandri, mit dem sie sich das Sorgerecht für ihren Neffen teilt. Bisher ist sie Dante möglichst aus dem Weg gegangen. Viel zu stark ist seine Anziehungskraft, zu verwirrend sind die Gefühle, die er in ihr auslöst. Doch nun wohnt sie unter einem Dach mit ihm in dieser traumhaften Villa am Ozean, und Dante ist ihr Tag und Nacht gefährlich nahe ...



Helen Bianchin wurde in Neuseeland geboren und wuchs dort als Einzelkind auf. Sie hatte eine äußerst lebhafte Fantasie und liebte schon damals Bücher über alles. Als Teenager begann sie zu schreiben, doch sie vernachlässigte ihr Hobby, als sie als Sekretärin in einer kleinen Kanzlei arbeitete. Als sie 21 war, setzten sie und eine Freundin von Auckland nach Melbourne, Australien über, wo sie jobben und sich das Land anschauen wollten. Wenn Helen Bianchin auf eine Romanze an Bord gehofft hatte, wurde sie enttäuscht: Sie musste wegen Seekrankheit vier Tage in ihrer Kabine bleiben! Fünfzehn Monate blieben sie in Melbourne, um dort zu arbeiten, dann kauften sie sich ein Auto und durchquerten Australien drei Monate lang von Nord nach Süd und von Ost nach West. In Cairns blieben sie schließlich längere Zeit, um sich Geld für ihre Reise nach Sydney zu verdienen. Dort passierte es: Helen traf ihren zukünftigen Ehemann Danilo Bianchin. Danilo war kürzlich aus Treviso, Italien, eingewandert und versuchte sich als Tabakfarmer. Sein Englisch war schrecklich, und sie sprach kein Wort Italienisch. Sechs Monate später heirateten sie, und Helen fand sich in einer ihr völlig fremden Welt wieder: Sie musste für neun Tabakfarmer kochen, Tabak bündeln und täglich 200 Hühner, etliche Enten und einige Puten versorgen! Helen Bianchins Italienischkenntnisse verbesserten sich rapide, und im Nachhinein betrachtet, gab es in ihrem neuen Leben oft schreiendkomische Momente. Aber oft war es auch schwer: Sie musste auf einem Holz befeuerten Herd kochen, heißes Wasser gab es erst, wenn sie es sich zubereitet hatte, die Dusche und Toilette waren primitiv, und während der Fußballsaison musste sie für zwei Fußballteams die Uniformen waschen. Dazu kamen Überflutungen, Hagelstürme, die die Ernte gefährdeten, harte Arbeit und die Totgeburt ihres ersten Kindes. Dann wurde zu ihrer großen Freude ihre Tochter Lucia geboren. Drei Jahre später kehrte die Familie nach Neuseeland zurück, wo sie die nächsten sechzehn Jahre wohnte. In diesen Jahren erblickten die Söhne Angelo und Peter das Licht der Welt, und irgendwann kam Helen Bianchin der Gedanke, über ihre Erlebnisse auf der Farm ein Buch zu schreiben: eine Romance mit einem Helden, der aus Italien stammte. Allerdings war der Held in ihrem ersten Roman reich, und ihm gehörte die Farm - schriftstellerische Freiheit! Es dauerte ein Jahr, bis sie auf der alten Reiseschreibmaschine am Esszimmertisch ein halbwegs passables Manuskript fertig ...

1. KAPITEL

„Muss ich heute in den Kindergarten?“

Taylor umarmte den kleinen dunkelhaarigen Jungen liebevoll, der ihr seine Ärmchen so fest um den Nacken legte, dass es ihr beinah das Herz zerriss. Egal, was kommt, ich werde ihn behüten und beschützen, schwor sie sich.

Mit seinen dreieinhalb Jahren hatte er vor gar nicht langer Zeit einen schweren Schicksalsschlag erlitten, der sein Leben völlig veränderte. Seine Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

Praktisch von dem Augenblick an, als meine Schwester Casey verkündet hat, sie sei schwanger, gehört Ben d’Alessandri zu meinem Leben, dachte Taylor wehmütig. Gemeinsam hatten sie das Kinderzimmer eingerichtet, die Spielsachen und die Babyausstattung ausgesucht, und Caseys Mann Leon hatte die Schwestern stillschweigend und schmunzelnd gewähren lassen.

Bei der Geburt hatte Taylor ihrer Schwester zusammen mit Leon Mut zugesprochen, und anschließend hatte sie zu Tränen gerührt beobachtet, wie glücklich die beiden über ihren neugeborenen Sohn waren.

Der tragische Tod der Eltern, den Taylor und Casey als Teenager hatten verkraften müssen, hatte sie zusammengeschweißt. Sie unterstützten sich gegenseitig in ihren Berufswünschen und freuten sich gemeinsam über die Erfolge, die sie erzielten. Casey hatte Jura studiert, und Taylor war eine erfolgreiche Autorin geworden. Ein Jahr vor Bens Geburt war ihr erster Thriller erschienen.

„Warum kann ich nicht mir dir zu Dante fahren?“, fragte der Junge weiter.

Allein bei der Erwähnung des Namens von Leons Bruder verkrampfte sich Taylor der Magen.

„Du kannst ihn später sehen“, erwiderte sie sanft und betrachtete sein ernstes Gesichtchen.

„Versprochen?“

„Ja“, bekräftigte sie.

„Heute noch?“

„Wahrscheinlich.“ Sie wollte nicht zu viel versprechen. „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass er einen langen Flug hinter sich hat. Du weißt doch, er kommt aus Italien und muss gleich nach seiner Ankunft an einer wichtigen Besprechung teilnehmen.“

Ben nickte. „Mit dir, stimmt’s?“

„Ja.“

„Ihr redet über mich“, stellte er fest.

Sie war immer wieder von Neuem erstaunt darüber, wie viel der aufgeweckte Junge schon verstand und wie gut er die Zusammenhänge durchschaute. Außerdem konnte er sich für sein Alter außergewöhnlich gut ausdrücken. Ihn zu belügen wäre sinnlos.

„Klar. Du bist doch für uns der wichtigste Mensch auf der Welt. Für dich würde ich sogar mit Drachen kämpfen“, fügte sie scherzhaft hinzu.

„Und mit Löwen.“

Sie küsste ihn auf die Stirn. „Wenn es sein müsste, mit dem ganzen Königreich der Tiere“, versicherte sie ihm feierlich, ehe sie beide in fröhliches Lachen ausbrachen.

„Macht Dante das auch für mich?“

Sich seinen Onkel als Helden vorzustellen fiel ihr überhaupt nicht schwer. Mit seiner imposanten Gestalt und den breiten Schultern wirkte er absolut perfekt. Doch es waren vor allem seine strengen und markanten Gesichtszüge, die Aufmerksamkeit erregten. Seine sündhaft faszinierenden dunklen Augen schienen unendlich viel zu versprechen, sein prüfender, forschender Blick hingegen verursachte ihr ein seltsames Unbehagen.

Kennengelernt hatte sie ihn auf der Verlobungsfeier ihrer Schwester, zu der er extra aus New York eingeflogen war. Ein einziger Blick hatte genügt, um Wünsche in ihr zu wecken, die sich niemals erfüllen würden. Sie hatte Mühe gehabt, die außer Kontrolle geratenen Emotionen zu beherrschen und sich seiner starken Ausstrahlung zu entziehen, die ihr buchstäblich die Sprache verschlug und den Atem raubte.

Dieser Mann beflügelte ihre Fantasie wie kein anderer, und sie konnte sich gut vorstellen, in seinen Armen schwach zu werden. Und genau deshalb war sie auf der Hut und machte lieber einen Bogen um ihn. Sie befürchtete jedoch, dass er wusste, was in ihr vorging. Darauf deutete jedenfalls sein spöttischer Gesichtausdruck hin, als er sie am Ende des Abends zum Abschied federleicht auf die Lippen küsste. Ihr Herz hatte angefangen zu rasen, und verräterische Wärme hatte sich in ihrem Körper ausgebreitet.

„Taylor?“, unterbrach Ben ihre Gedanken.

Rasch nahm sie sich zusammen, imitierte einen Schwerthieb und setzte eine entschlossene Miene auf. „Dante schlägt alle mit seinem mächtigen Schwert in die Flucht.“

Bens Augen wurden immer größer. „Hat er wirklich ein echtes Schwert?“

„Nein, aber das weiß ja niemand.“ Mit Ben auf dem Arm stand sie auf. „So, mein Liebling,