Das Casanova-Prinzip und der Don-Juan-Komplex
Wie ist das eigentlich mit Ihnen und den Frauen: Mögen Sie sie? Oder ist das andere Geschlecht Ihnen im Grunde unheimlich? Es ist die Einstellung, die letztlich darüber entscheidet, wie glücklich Sie mit Frauen werden (und die mit Ihnen).
Die wirklich aufregenden Verführer haben einen grundsätzlich anderen mentalen Ansatz als nur den, jede Frau möglichst schnell nach dem »Hallo« flachzulegen. Das unterschied schon Casanova von Don Juan, obgleich sie unterm Strich scheinbar auf dasselbe Ergebnis kamen: jede Menge Weiber.
Doch der eine, Casanova, wurde geliebt und starb glücklich (wenn auch zahnlos, die medizinische Versorgung im18. Jahrhundert, Sie wissen schon …), der andere, Don Juan, wurde gehasst und starb einsam. Der eine war ein Frauenheld, Held der Frauen – der andere ein Männerheld, der den Applaus seiner Geschlechtsgenossen mehr schätzte als jedes Liebesgeflüster eines Weibs.
Der venezianische Schauspielersohn Giacomo Casanova (1725–1798) liebte das Leben, er betätigte sich als Altphilologe und Astronom, Geiger und Mediziner, Börsenhändler, Glücksspieler. Noch mehr als das Leben aber liebte er die Frauen und ließ es sie spüren; jede, als sei sie die Einzige, auf die es ankäme. Er hatte den Wunsch, sie glücklich zu machen, »ihre Gunst zu erringen« – ob für eine Nacht oder ein Jahr.
Casanova hatte in etwa120 Geliebte in seinem Leben. Hört sich nicht nach viel an, sicher – aber Quantität war nicht Casanovas Ding, sondern Qualität. Und die brauchte jeweils seine Zeit. Er verfasste emanzipatorische Streitschriften über den Stand der Frau in der Gesellschaft, er wurde später von vielen Männern von Herzen dafür gehasst, die in ihm eine unbezwingbare, bedrohliche Konkurrenz sahen, einen Verräter des Patriarchats.
EIN MANN, der den Frauen mehr als den Männern gefallen wollte, erschien den Männern unheimlich; dabei ist der Wunsch nach weiblichem Gefallen exakt die mentale Einstellung, die einen guten Verführer adelt.
Und die Frauen? Sie liebten Casanova dafür, dass sie bei ihm zu entfesselten Liebhaberinnen wurden, obgleich er niemals für länger blieb. Sie blickten mit einem wohligen Lächeln und sehnsüchtigen Seufzer auf ihre Begegnung mit ihm zurück, und zürnten ihm, dem bekennenden Fuß-, Schuh- und Wäschefetischisten, nicht, dass er sie zu schamlosen Kontrollverlusten verführt hatte. Mehr noch: Sie waren ihm sogar dankbar. Und reagierten auf seine tiefempfundenen Liebesschwüre, die er ihnen in erotischen Stunden zugeflüstert hatte, mit den Worten: »Weine nicht, mein Bester, in Wahrheit mache ich mir auch nichts aus der Ewigkeit.«
CASANOVA ERFÜLLTE die (erotischen) Träume der Frauen. Er besaß die Begabung (und noch mehr: den Willen!), die sinnlichen Seiten einer Frau zu wecken. Bei ihm, durch ihn, mit ihm war sie genau jene Frau, die sie insgeheim immer gewünscht hatte zu sein. Er lockte ihre besten und mutigsten Seiten hervor.
Wenn Casanova eine Frau »liebte«, gab er ihr eine Bühne, um die beste Version ihrer selbst zu sein. Er verehrte sie dafür, wie sie ist. Über unser modernes Geschrei von wegen »typisch Frau, typisch Mann« hätte er sich amüsiert, doch ni