: Wolfgang Böhmer
: Hesmats Flucht Eine wahre Geschichte aus Afghanistan
: cbt Jugendbücher
: 9783641023331
: 1
: CHF 8.90
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 296
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Packend, bewegend, aufrüttelnd: Flucht aus Afghanistan
Seine Mutter ist gestorben, sein Vater wurde umgebracht: Hesmat hat keine Wahl, er muss aus Afghanistan fliehen. Zu Fuß geht es über den Hindukusch, weiter mit dem Zug nach Moskau und von dort in den Westen. Er landet immer wieder in Gefängnissen, er wird bestohlen, gequält und misshandelt. Manchmal ist er kurz davor, aufzugeben. Aber der Traum von einem besseren Leben treibt ihn weiter ...
Wolfgang Böhmers Roman über die Flucht eines afghanischen Jungen beruht auf einer wahren Geschichte. Die ergänzte Ausgabe enthält eine Karte und eine aktualisierte Zeittafel zum Afghanistankonflikt.
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Wolfgang Böhmer ist seit mehr als 25 Jahren als Journalist für den österreichischen Rundfunk im In- und Ausland tätig. Für den ORF berichtete er aus Afghanistan, Pakistan, dem Kosovo, aus Bürgerkriegs- und Katastrophengebieten. Seit Jahren arbeitet er eng mit der SOS-Kinderdorf-Stiftung zusammen und besuchte in diesem Zusammenhang auch die Kriegsregion in Somalia. Wolfgang Böhmer ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Tirol.
DER LANGE WEGÜBER DEN HINDUKUSCH
Die Frau hatte ihren Mann bekniet, dem fremden Jungen aus Mazar zu helfen, und er war in die Stadt gegangen und hatte sich für Hesmat umgehört. Zwei Tage später hatte Hesmat sich von ihnen verabschiedet. Am Tag zuvor war er noch mit dem Mann in der Stadt gewesen und hatte sich das Nötigste besorgt. Der Mann kaufte ihm einen vernünftigen Beutel, den er sich quer um den Körper hängen konnte, und stopfte ihn mit getrocknetem Fleisch und ein paar russischen Lebensmitteldosen voll. Auf dem Markt fanden sie zwei alte Plastikflaschen, die der Mann lange und genau prüfte. Immer wieder schwenkte er die mit Wasser gefüllten Flaschen und fingerte an den Drehverschlüssen herum. Dann fanden sie noch einen alten Pullover und feste gebrauchte Schuhe.
»Mit deinen Sandalen kannst du unmöglich in die Berge«, erklärte er dem Jungen.
Schließlich kaufte er Hesmat noch eine Taschenlampe, Streichhölzer und ein Feuerzeug.
»Pass gut darauf auf«, sagte er.»Die Wärme kann dir das Leben retten.«
Die beiden Alten besaßen kaum mehr als die Kleidung, die sie trugen, doch sie wollten Hesmat nicht mit leerem Bauch ziehen lassen. Sie tranken Goor, eine süßliche Essenz aus Zuckerrohr, dazu gab es am Abend vor dem Abschied Reis mit Schaffleisch und frisches Brot.
»Iss«, sagte die Frau.»Du wirst es brauchen.«
Am nächsten Morgen stellte der Alte Hesmat dem Führer vor.»Er ist ein guter Mann«, sagte er, als er Hesmat zum Treffpunkt am Stadtrand begleitete.»Befolge, was er sagt, und du wirst wohlbehalten ankommen.«
Er schüttelte Hesmat die Hand und steckte ihm noch ein Päckchen mit den Essensresten vom Vorabend in den Umhang. Als sie losgingen, drehte sich Hesmat noch einmal um. Der Mann war wortlos verschwunden. Hesmat hatte nicht einmal nach seinem Namen gefragt. Vier Tage hatte er in ihrem Haus gelebt, jetzt wusste er nicht einmal, wie das Paar hieß, das ihm Mut und seine Freundschaft geschenkt hatte.
Sie waren knapp dreißig Leute. Händler, vertriebene Familien und einige Flüchtlinge wie er selbst. Die Esel waren bisüber den Kopf hinaus vollgepackt, die Männer, Frauen und die zwei Kinder, die sie mitnahmen, trotteten im Gleichschritt mit den Tieren. Sie waren nicht die Einzigen. Immer wieder sahen sie andere Gruppen, die denselben Weg eingeschlagen hatten.
Sie hielten sich auf einem schmalen Weg, einem schmalen Streifen, auf dem sie sicher waren.Östlich von ihnen standen die Taliban, während westlich von ihnen, auf der rechten Seite, das Gebiet der Mudschaheddin begann. Jederzeit konnte sich die Linie verschieben, der unausgehandelte Waffenstillstand gebrochen werden. Der Führer trieb sie an, und immer wiederüberholten sie größere Gruppen, die langsamer als sie waren. Immer wieder sahen sie Menschen, die alleine am Wegrand saßen und um Hilfe bettelten.
»Weiter«, schrie der Führer,»wir haben keine Zeit!«
Wer zurückblieb, war auf sich allein gestellt. Niemand konnte es sich leisten, sich um andere zu kümmern. Jeder war damit beschäftigt, selbst zuüberleben. Wer sich zu lange in diesem Gebiet aufhielt, war tot. Sie hatten keine Zeit, um auf Nachzügler zu warten. Wer das Tempo nicht halten konnte, war verloren. Tuffon hatte ihm alles beschrieben, auch sein Vater hatte immer wieder von den Pfa